Geschichtspodcast 8 Feudale Schlacht um die Macht

Fehde mit Vorspiel: Vor der Schlacht bei Lucka flossen auf der Wartburg die Tränen. © André Nestler/Wartburg-Stiftung Eisenach

Unsere Themen: 1307 – Thüringen im Ausnahmezustand; Musica Romana mit antiker Wasserorgel und römischem Cornu; Schätze eines asiatischen Steppenvolkes; Mittelalterensemble "Dulamans Vröudenton" wird 25.

Auferstehung einer antiken Orgel

Natürlich widmen wir uns in der Februarausgabe des Geschichtspodcast noch einmal der Gruppe Musica Romana. Aufmerksame Leser unseres Magazins haben dort schon den ausführlichen Bericht zur „Zweiten Karriere eines antiken Instrumentes“ verfolgt: Darin geht es um den Nachbau einer römischen Wasserorgel, die nun – mit einem ihrer Erbauer: Justus Willberg – das musikalische Repertoire von Musica Romana sehr stimmungsvoll erweitert. Im Januar trat das Ensemble mit seiner neuen Errungenschaft in Schwerin erstmals an die Öffentlichkeit. chronico lauschte verzückt mit.

Wie es sich für einen Podcast gehört, darf zu dieser Geschichte natürlich nicht die akustische Variante fehlen. Musica Romana stellte zwei Mitschnitte aus ihrem Konzert zur Verfügung – völlig unplugged, ohne technischen Schnickschnack, sondern unverfälschte Musik mit den originalgetreuen Repliken antiker Instrumente. Ein echt handgemachtes Jubiläum sozusagen. Mit dabei ist auch der Trompeter Hagen Pätzold, der einem Cornu, also einem römischen Horn, gewaltige Töne entlockt. Er hat das Cornu nach einem Fund aus den Trümmern der Stadt Pompeji nachgebaut, die 79 n.Chr. beim Ausbruch des Vesuv unterging. Zu hören ist all das in dieser Episode unseres Geschichtspodcasts.

Thüringen: Wettiner zwingen Habsburger in die Knie

Geschichtspodcast-Hörer Ralf Arnemann wies uns auf das bevorstehende Jubiläum einer thüringischen Kleinstadt im Altenburger Land hin. Die Schlacht von Lucka jährt sich in diesem Jahr genau zum 700. Male – die Stadt plant dafür eine Festwoche vom 26. Mai bis zum 3. Juni 2007. Für chronico genau das richtige Thema, den Hinweis haben wir gern aufgegriffen und im Podcast besprochen.

Die Stadt Lucka plant jede Menge Aktionen während ihrer Festwoche. Ihr Höhepunkt ist aber die Neuinszenierung der Schlacht von 1307, die damals zwischen Wettinern und Habsburgern geschlagen wurde. Geplant ist das Spektakel für das Wochenende, 2. und 3. Juni.

Die Organisation der Feldschlacht hat die Thüringer Mittelaltergruppe „Die Freidigen“ übernommen. Und die will ein Schlachtgetümmel mit bis zu 800 Akteuren – darunter 30 bis 50 Reiter – auf dem historischen Kampfplatz vor den Toren Luckas auf die Beine zu stellen. Aus ganz Deutschland, aber auch aus England oder Italien haben sich laut Veranstaltern bereits Kämpfer gemeldet.

„Die Freidigen“ haben sich ein sehr ehrgeiziges Ziel vorgenommen: Eine Reenactmentveranstaltung, die sich mit der Inszenierung eines einzigen historischen Ereignisses befasst, haben in dieser Größenordnung jedenfalls Seltenheitswert. „Die Freidigen“ suchen noch jede Menge Teilnehmer. Die Thüringer feilen bereits an ihrer Choreografie für den Verlauf. Gesucht werden Mittelalterdarsteller, die eine komplette Ausrüstung als Fußkämpfer besitzen, aber auch Reiter und Bogenschützen. Natürlich gelten – wie bei solchen Reenactments üblich – die geläufigen Sicherheitsvorschriften: Ausreichend Schutzausrüstung und nur stumpfe Waffen. Die Stadt Lucka stellt für das Spektakel einen Lagerplatz und einen über drei Hektar großen Kampfplatz. Anmeldungen nehmen „Die Freidigen“ über ihre Webseite an.

Die Größe des Spektakels bringt neben logistischen auch andere Probleme mit sich: Es gibt nicht viele Mittelalterdarsteller in Europa, die eine wirklich stimmige Ausstattung haben, die ins Jahr 1307 passt. Das wissen auch die Organisatoren. Ihnen geht es vielmehr um einen passenden Gesamteindruck. Deshalb dürfen sich Darsteller der Zeiträume 11. bis 14. Jahrhundert, teils auch des 15. Jahrhunderts anmelden.

Tränen auf der Wartburg und dunkle Abgründe

Als gebürtiger Thüringer bin ich naturgemäß neugierig, was sich eigentlich hinter dem 700. Jahrestag einer Schlacht irgendwo im Thüringischen verbirgt. Keine Frage also, dass wir im Podcast auch die geschichtlichen Kulissen gehörig beleuchtet haben. Die Schlacht von Lucka ist keine Begebenheit, über die man ständig in Geschichtsbüchern stolpert. Manchmal wird sie gern verknappt als regionale Schlacht dargestellt, die die Machtverhältnisse in Thüringen klärte. Wie so oft, steckt freilich eine spannende Geschichte dahinter.

Die komplette Darstellung der geschichtlichen Hintergründe hören Sie im Podcast. An dieser Stelle nur eine knappe Zusammenfassung. Die Vorgeschichte reicht zurück bis zum Thüringer Landgrafen Heinrich Raspe. Der stirbt 1247 ohne Erben. Damit verlischt das so angesehen Geschlecht der Ludowinger, und der Stern der Wettiner beginnt zu leuchten. Deren Hausherr, Markgraf Heinrich von Meißen (der auch Neffe des Landgrafen war), erbt alles.

Markgraf Heinrich besitzt Thüringen, die Pfalz Sachsen, seine eigene Markgrafschaft Meißen sowie Gebiete in der Niederlausitz und im Pleißenland. Aus dem Stand heraus werden die Wettiner zur mitteldeutschen Großmacht. Die unbekümmerte Freude währt indes nicht lange: Markgraf Heinrich hinterlässt den Besitz seinem rücksichtslos auftretenden Sohn Albrecht. Wie rigoros Albrecht auftritt, erzählt eine Legende über seine Frau Margarete und seinem ältesten Sohn Friedrich. Margarete – immerhin die Tochter des Staufers Friedrich II. – flieht schon 1270 von der Wartburg vor ihrem Gatten. Angeblich hatte sie Angst vor einem Mordanschlag. Tatsächlich hatte Albrecht eine Geliebte, die er später auch heiratete. In ihrem Abschiedsschmerz biss Margarete ihrem noch jungen Sohn Friedrich in die Wange. Der heißt fortan „der Gebissene“.

Markgraf Albrecht und seine Söhne Friedrich und Diezmann bekriegen sich immer wieder; sie streiten um die Vormacht im Einflussgebiet der Wettiner. Und schließlich mischen sich auch noch die Habsburgerkönige ein, die von den Staufern das Ruder im Reich übernommen hatten. Markgraf Albrecht bietet den Habsburgern sogar Thüringen zum Kauf an. Seine Söhne fliehen für einige Zeit außer Landes. Darauf bezieht sich möglicherweise der zweite Beiname seines ältesten Sohnes: „Friedrich der Freidige“, was der Flüchtige, aber auch der Tapfere bedeuten kann. 1307 hat Albrecht ein Einsehen, kündigt den Kaufvertrag mit dem König und setzt seinen Sohn Friedrich zum Universalerben ein. Es kommt zur Entscheidungsschlacht mit den Habsburgern um den Einfluss auf Thüringen. Am 31. Mai treffen die Heere bei Lucka aufeinander. Die jungen Wettiner entscheiden den Kampf für sich; die Habsburger verlieren die Lust an weiteren Abenteuern in der Landgrafschaft. Friedrich der Freidige ist nun unumschränkter Herr.

Und damit ist auch klar, woher die moderne Rittergruppe aus Thüringen ihren Namen hat und warum „Die Freidigen“ den Job übernehmen, 700 Jahre später diese Feldschlacht nachzustellen.

„Meditation” von David Cyr heißt ein Musikstück, mit dem wir diesen Beitrag im Podcast unterlegt haben. Mit freundlicher Unterstützung von Podsafe Music Network

Chinas vergessene Nomadendynastie

Wir schauen nach Asien. Am 27. Januar eröffnete das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst eine in unseren Breiten bisher einmalige Schau: Mit über 200 Objekten, die zur Ära der Liao-Dynastie gehören. Die Stücke wurden zuerst in New York gezeigt, und sind nun am Rhein zu bewundern.
Das Steppenvolk der Kitan, das sich selbst „Liao“ nannte, war um 1000 n. Chr. die Supermacht Ostasiens. Sie eroberten ein Territorium, das sich von der Mandschurei über die Mongolei bis in das Gebiet des heutigen Peking erstreckte. Sogar die chinesische Song-Dynastie war den Liao tributpflichtig.
Die Ausstellung zeigt unter anderem das vollständig erhaltene Totenkleid der Prinzessin von Chen und ihres Gemahls: Totenmaske, Anzug, Krone, Stiefel und Kopfkissen aus Gold und Silber. Arabisches Glas und Bernstein von der Ostsee zeugen vom intensiven Handel, den die Liao mit ihren westlichen Nachbarn pflegten. Die im Schatz der Weißen Pagode gefundenen Kostbarkeiten belegen die hohe Bedeutung des Buddhismus für die Kultur der Liao.
In Köln ist die Ausstellung noch bis zum 22. April 2007 zu sehen. Danach geht es zur vorerst letzten Station der Stücke in die Schweiz. Im Zürcher Museum Rietberg gastiert die Schau vom 13. Mai bis zum 15. Juli 2007.

Webseite zur Ausstellung Schätze der Liao

Salzburger touren vom Abendland in den Orient

Das Salzburger Ensemble „Dulamans Vröudenton“ blickt heuer auf genau 25 Jahre Bandgeschichte zurück und feiert das Jubiläum, wie es sich gehört, auch mit einem Konzert. Am 22. Februar 2007 ist das Quartett im Salzburger Marionettentheater zu erleben. Um 19.30 Uhr beginnt eine Zeitreise ins Mittelalter, die zugleich auch eine Art kleine Weltreise ist. „Dulamans Vröudenton“ ist in Österreich ein Wegbereiter für Alte Musik und hat sich seit seiner Gründung 1982 vor allem der mittelalterlichen Minnemusik verschrieben.
“Minnesang und Morgenland” lautet der Name des Jubiläumskonzerts. Und damit ist auch der breit gefasste Anspruch der Salzburger festgelegt. Die Stücke stammen nicht nur aus deutschen, nordfranzösischen oder spanischen Ländern, sondern auch aus der islamischen Kultur. Überhaupt, finden die Musiker um den Leierspieler Thomas M. Schallaböck, haben sich damals abend- und morgenländische Musiktraditionen munter gemischt. „Und das wollen wir auch zeigen“, kündigt Schallaböck an.
Das Konzert ist auch eine Reise durch die bisher sechs erschienenen Alben der Gruppe. Das Ensemble befasst sich darin mit Minneliedern, aber auch Volksmusik aus dem 16. und 17. Jahrhundert sowie mit frühbarocker Musik. „Wir wollen natürlich auch mit unserem Publikum auf unser 25-Jähriges anstoßen“, betont Schallaböck. Karten gibt es für 15 Euro im Vorverkauf oder für 20 Euro an der Abendkasse.

Artikel aus der Rubrik „Geschichtspodcast“

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    Narrenturm, Gottesstreiter, Lux perpetua: Die Hussiten-Trilogie von Andrzej Sapkowski ist komplett. Und wir reisen mit Preußen nach Ägypten und mit Musik von „Kwart“ übers Meer.

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4 Kommentare

  1. “Passender Gesamteindruck” bei einem Zeitfenster von 400 Jahren für eine Schlacht im Jahre 1307? Das ist doch wohl ein Scherz. Dass es nicht viele Darsteller gibt, die eine gute Ausrüstung haben, ist ja traurig genug (wobei da vielleicht auch im Falle der Idee der Apfel nicht weit vom Stamm fällt), aber erstens zeigen andere Beispiele, dass eine kleine, aber gute Inszenierung Zugwirkung haben kann, und zweitens erreiche ich nix damit, dass ich einfach die Qualität der Quantität preisgebe. Noch dazu, wo gleich im Vorneherein von historischer Schlachtaufstellung wie Heeresorganisation Abstand genommen wird. Hier wird vollmundig mal wieder Volksbelustigung betrieben- und der Reenactment (im Sinne von Nachstellung, und nicht als abgenutzen Begriff)-Szene in Deutschland ein Bärendienst erwiesen.

    Daumen runter.

    07. Februar 2007, 23:02 Uhr • Melden?
  2. Hallo Ihr Lieben,
    ich timme inhaltlich Thomas vollkommen zu. Gerade oder weil die Zeit um 1300 auch “meine” Epoche ist.

    Bis Lucka – Frank

    24. März 2007, 21:03 Uhr • Melden?
    von Frank
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  3. Ein später Kommentar.
    Ich finde es bedenklich, wenn man auf Seiten wie diesen, das Wort “Geschichte” immer wieder in den Mund nimmt.
    Selbst mit einem “ Zeitfenster” von nur einem Jahr, haben diese “Nachstellungen” einen zweifelhaften Wert.
    Die Wahrheit ist, dass es i.d.R. um das Kultivieren infantiler Vorstellungen geht, die durch diverse Filmproduktionen animiert wurden. Das Internet spielt eine grosse Rolle dabei, dass man sich im grossen Maßstab darüber verständigen konnte, und es somit gelang, sich gemeinsam zu organisieren.

    Fatal ist, dass immer von “Geschichtsvermittlung” gesprochen wird. Was wird denn vermittelt?
    Im Gegenteil, Geschichte, und hist. Gesellschaften werden verklärt. Auf was kommt es denn an, wenn man sich mit Geschichte auseinandersetzt?
    Diese Mode hat längst Blüten getrieben, sogar Museen und Schulen greifen auf die Laien zurück!
    Ja sogar kirchliche Einrichtungen, aber auch Organisationen wie Malteser und Johanniter “spielen” mit dem Mittelalter. (Vielleicht um Nachwuchs zu mobilisieren?)
    Wozu sonst ist ein unkritischer Blick auf die mittelalterliche Feudalgesellschaft notwendig?

    10. Mai 2010, 15:05 Uhr • Melden?
    von Weitner
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  4. Lieber Herr Weitner,

    herzlichen Dank für Ihre ehrliche Meinung. Doch wer kritisch und diff. mit einem Gegenstand wie Geschichte umgehen möchte, sollte dies auch mit seiner Meinung tun.
    Denn ich finde es im höchsten Maße bedenklich, dass Umgang und Auseinandersetzung mit Geschichte von Ihnen so kritisch gesehen wird. Wenn Sie die Geschichtsvermittlung z.B. im schulischen Bereich kennen, würden Sie hier zu ähnlichen Ergebnissen kommen müssen: Verkürzung, Undifferenzierung, mitunter sogar falsche Schlussfolgerungen und Nichtbeachtung akt. Forschungsergebnisse wären hier stetige Ärgernisse, den Lehrern sogar oft bewusst und von ihnen bedauert.
    Ich kann verstehen, dass Ihnen Nachstellungen welcher Art auch immer nicht liegen, aber gerade durch Nachstellung und Erkunden von Sachkultur ist mir auch historisch erst eine Menge klar geworden. Historie nur durch Urkunden und schriftliche Zeugnisse zu erforschen, greift, mit Verlaub, zu kurz.
    Unverschämt, das muss ich persönlich anmerken, ist, dass Sie den Darstellern von vornherein einen unkritischen Blick auf die Feudalgesellschaft unterstellen. Je näher man “seiner Zeit” kommt, desto kritischer sieht man sie. Wir sind “Zeitreisende”, aber keinesfalls so närrisch, wie sie glauben. Romantiker sitzen eher in den Schreibstuben oder den Fernsehstudios.

    Wenn Sie es so wollen: Mit feudalen Grüßen
    TK

    14. Mai 2010, 13:05 Uhr • Melden?

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