Skandinavien Stürmisches Leben zur Jahrtausendwende

Skandinavien um 1000: Der für seine Zeit ungewöhnlich alte Mönch Hroswith kratzt eine Bibel heimlich frei, um sein Geständnis, nämlich seine Lebensgeschichte dort niederzuschreiben. Er wurde Mönch nicht aus Berufung, sondern um seine Gier nach Wissen in geschriebener Form zu stillen. Auf der Suche danach führte er auch alles andere als das Leben eines einfachen Mönches. Dies ist der Rahmen zu einem Roman des Niederländers Jan van Aken.

Aus dem Inhalt

Geboren wurde Hroswith als Sohn eines Schmiedes in Wikala Ende des ersten Jahrtausends. Er erlernte zunächst die Schmiedekunst von seinem Vater, einem berühmten und beim Adel bekannten Schmied. Sein Vater erkennt Hroswiths Intelligenz und ermöglicht ihm, durch seine guten Beziehungen den Unterricht bei einem bekannten Lehrmeister. Hroswith lernt entgegen der damaligen Sitten lesen und schreiben und entdeckt seine Liebe zu Büchern und seinen Wissensdurst.
Seine dänische Mutter wird als Hexe ermordet. Dies und die Tatsache, dass Hroswiths Geschwister kurz nach seiner Geburt verstarben und er selbst für eine Weile verschwand, lässt die Einwohner von Wikala glauben, dass Hroswith mit dem Teufel im Bunde steht. Hroswith glaubt es später selbst, da er Stimmen hört, die er nicht versteht – aber er beginnt sich damit zu arrangieren. Sein Glaube, er sei der Sohn Satans lässt ihn später ohne schlechtes Gewissen Erfahrungen machen, die ihm als Christ verboten wären.
Sein Vater und er müssen flüchten. Hier beginnt Hroswiths Reise durch viele ferne Länder. Er erlernt andere Sprachen ungewöhnlich schnell, sammelt viele verschiedene christliche und unchristliche Erfahrungen, lernt sehr einflussreiche Menschen kennen und schließt Freundschaften. Mit der Erweiterung seines eigenen Horizonts gewinnt er selbst auch mehr Einfluss und nimmt aktiv an historischen Ereignissen teil. So kommt er etwa dem derzeitigen Papst Sylvester II. und auch Kaiser Otto III. recht nahe, die ihm später bei der Planung und Gründung einer bis dahin einzigartigen Bibliothek unterstützen.

Gewisse Übertreibungen

Zu Beginn lässt sich die Geschichte leicht lesen und ist besonders spannend durch die ungewöhnliche Entwicklung der Dramatik und die Erlebnisse des Hauptcharakters. Zum Ende hin sind jedoch Passagen enthalten, die einer Aufzählung historischer Ereignisse gleichen und eher ziemlich trockener Lesestoff sind.
Der historische Rahmen bleibt anfangs sehr im Hintergrund und scheint eher unwichtig, wird aber parallel zur Entwicklung von Hroswiths Charakter und Vergrößerung seines Einflusses immer wichtiger und komplexer. Die Figuren im Roman haben fast alle tatsächlich gelebt und ihr Leben ist laut van Aken gründlich recherchiert.
Die Beschreibung der Völker, auf die der Mönch trifft, sind indes zum Teil doch recht übertrieben. So trinken die Dänen aus einer menschlichen Schädeldecke Met, werden dadurch zu Berserkern und betreiben ganz selbstverständlich, ohne besonderen Anlass, Pädophilie, Nekrophilie, Sodomie und Vergewaltigung von Frauen mit anschließender Tötung und Verstümmelung der Opfer. Die Wirkung des Mets wird beschrieben, wie die einer sehr starken Droge. Dass etwas zugesetzt wurde, was diese Wirkung erklären würde, wird nicht erwähnt.
Mystisch ist, warum Hroswith im Kindesalter Stimmen hört, deren Sprache er nicht versteht. Erst als er auf die Araber stößt, wird das “Rätsel” gelöst. Hroswith spricht und versteht Arabisch, ohne es je gelernt zu haben und deutet diese Begebenheit später als “Lockruf” seines späteren arabischen Freundes Iskandari, ganz so, als wäre diese Freundschaft mit ihm schon früh vorherbestimmt gewesen.
Alles in allem: Es ist ein Buch, das wirklich Geschmacksache ist.

Ausstattung

Bei der vorliegenden gebundenen Ausgabe legte der Verlag eher Wert auf ökologisches Material als auf eine aufwändige Ausstattung. Altdeutsche Initialen leiten die einzelnen Kapitel ein, sonst sind keine Bilder oder Zeichnungen enthalten.

Jan van Aken; Das Geständnis des Mönchs; Verlag Droemer Knaur; München; 2004; 703 Seiten; 19,90 EUR; ISBN-3-426- 19615-8

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1 Kommentare

  1. Schade, daß sich Sonja Heisrath nicht die Zeit genoomen hat, das Buch zu lesen, bevor sie darüber geschrieben hat. Natürlich wird erwähnt, welche psychogenen Substanzen dem Met zugesetzt wurden. Dieselben, die später mit dem Reinheitsgebot verboten wurden.
    Von Nekrophilie ist nicht die Rede. Viele der Grausamkeiten der wikinger werden auch von Robert Merle in seinem Hugenottenzyklus erwähnt.
    Gar nicht gut tut dem Buch die unausgegorene Mischung von historischem Roman und Eulenspiegelei.

    20. Dezember 2006, 19:12 Uhr • Melden?
    von Uwe Buberl
    1

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