Frühgeschichte Kelten, Römer und Germanen

"Alles, was in der Spätantike materiell und geistig entwickelt worden ist, bildete die unabdingbare Voraussetzung und Grundlage auch für jene Region Europas, die später Deutschland wurde. Insofern gehört die lange Vorgeschichte unlösbar zur deutschen Geschichte." - Mit diesen Worten umriss der Historiker Friedrich Prinz (gest. 2003) ziemlich genau den Anspruch des vorliegenden Buches. Von der Mitte des 3. Jhs. bis zum Ausritt des fränkischen Hausmeiers Karl Martells gegen die Araber im Jahre 732 zeichnet Prinz die faszinierende Vorgeschichte des Deutschen Reiches nach.

Zutaten für “unser” Europa

Im wahrsten Wortsinne pflückt der Autor den Begriff “Schmelztiegel” auseinander. Als solchen stellt Prinz das Mitteleuropa der Spätantike dar. Akribisch nimmt er die Scherbenhaufen unter die Lupe, die der Zusammenbruch des Römischen Reiches in Sachen Völkergemisch und Verwaltungsorganisation hinterlassen hatte. Diesen Mosaiksteinen fügte Prinz noch eine genaue Betrachtung der vielfältigen Kulturen hinzu, die das Gemeinschaftsleben prägten.
Heraus kam eine spannende Lektüre, in der praktisch alle Zutaten zu finden sind, die letztlich das uns bekannte Europa ausmachen. Und damit deutlich jedem Leser begreifbar machen: Wir alle sind irgendwie Kinder einer uralten Multikulti-Gesellschaft. All das lässt sich in der hervorragende Darstellung und wissenschaftlich untermauert nachlesen. Prinz sieht seine Aufgabe als Geschichtsforscher letztlich darin, uns Heutigen bewusst zu machen, was die Vergangenheit für unsere Gegenwart bedeutet. Dass er es schafft, dies ohne erhobenen Zeigefinger und übertriebene Anbiederung zu präsentieren – darin besteht die eigentliche Stärke des Buches.

Straffer Überblick mit vielen Details

Nacheinander nimmt sich Prinz im ersten Kapitel die großen Protagonisten vor: die keltische Zivilisation, deren Kultur eine Gemeinsamkeit vom Reich der Galater in der heutigen Türkei bis hin zu den Treverern um Trier herum schuf (was Kirchenvater Hieronymus später in Trier auch in seiner Chronik aufnahm); sodann die germanischen Stämme, die in Abgrenzung zu anstürmenden Romanen und Slawen ein “Wir-Gefühl” zu entwickeln begannen und schließlich das alles bestimmende Imperium Romanum.
Die Franken bekommen in ihrer Doppelrolle als Invasoren und spätere Reichsgründer ein eigenes Kapitel. Sie sind in politischer Hinsicht das eigentliche Scharnier zwischen dem Zusammenbruch der spätantiken Welt und dem mittelalterlichen Westeuropa. Das religiöse Pendant zu dieser bedeutenden Funktion finden wir in der Kirche. Auch sie stellt Prinz als “Brückenpfeiler” in einem weiteren Kapitel dar.
Und damit hätten wir in dem handlichen Taschenbuch alle wesentlichen Strömungen versammelt, die in diesen spannenden Jahrhunderten von zentraler Bedeutung waren. Geschrieben in einer klaren und ungeschnörkelten Sprache, wobei Prinz trotz einer nötigen Straffung des Stoffes nie den Blick für die alltäglichen Verhältnisse der einfachen Leute verliert.
Wie genau sich das Leben des Einzelnen seit der Spätantike veränderte – das erfahren wir im vorletzten Kapitel, in dem die Gesellschaftsordnung selbst unter die Lupe genommen wird. Was bedeutet Königtum, was tut der Adel? Wie funktionierte eine Dorfgemeinschaft, wie eine Familie? All diesen Fragen gibt Prinz eine fundierte Antwort.
Was von der Antike übrigblieb – unter dieses Motto stellte der Autor quasi das letzte Kapitel des Bandes. Nicht alle antiken Traditionen sind vom christlich geprägten Mittelalter weggewischt worden, in Kunst und Literatur blieben noch lange deutliche Spuren. Doch wurden diese immer weiter entwickelt und neu geformt, was Prinz beispielsweise anhand der irisch-angelsächischen Kultur zeigt.

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