Keltenbuch Irreführendes für Rhön-Touristen

Im März dieses Jahres präsentiert der Imhof Verlag das neueste Büchlein von Walter Höhn und wirbt vollmundig: „Dargestellt wird, wie und wo heute die Keltenwelt nacherlebt werden kann.“ Dieser Schuss ging weit daneben.

Ein Keltendorf für die Massen

Der Klappentext der Broschüre „Leben wie die Kelten“ verspricht vollmundig, Keltensiedlungen von Hallein bis zum Taunus zu besuchen, es wird sogar versprochen, am Beispiel des Keltendorfs Sünna zu zeigen, „wie die Kelten sich wohl fühlten“. Nach gewissenhafter Lektüre aller 96 Seiten der Veröffentlichung bin ich dem Wohlfühleffekt leider nicht auf die Schliche gekommen. (Rund 50 Gemeinden beteiligen sich seit 2004 an dem Bau des Keltendorfes Sünna in der thüringischen Rhön – als touristisches Ausflugsziel, aber mit dem Anspruch: „historisch nachempfunden“. Die Initiatoren berufen sich dabei auf keltische Siedlungsspuren in der Region. Anm. d. Red.)

Schlägt man das Büchlein auf, wird man von den „anmutigen Amazonen aus Merkers“ bei ihrem „aufregenden Säbeltanz“ auf einer Hochglanz-Doppelfotoseite begrüßt. So vorbereitet, erfährt der Leser im Vorwort, dass auf den nächsten Seiten in archäologischen Thesen umrissen wird, wer die Kelten waren. Sehr gespannt erwartet man Einblicke, denn ebenfalls im Vorwort ist zu lesen, dass in den nachgebauten Siedlungen und an den Fundstellen noch mehr über die Kelten zu erfahren ist als in Museen.

Es folgen etwas mehr als 16 mit vielen Farbbildern versehene geschichtlich/archäologische Allgemeinplätze mit ins Fragwürdige abgleitende Anlehnungen an die lokale Sagenwelt. Zitat: „Keltische Traditionen leben nur in wenigen Rückzugsgebieten fort, z.B. Irland, Wales …“. Gekrönt wird das ganze durch einen „keltischen Jahreszeitfestkalender“. Der versprochene Überblick über die „Keltendörfer“ zwischen Hallein und Taunus wird auf den nächsten 5 Seiten abgehandelt. Davon stammen gut 2,5 Seiten als Zitat aus dem Ausflugsführer „Wege zu den Kelten“ von Thomas F. Klein aus dem Theiss Verlag.

Wenig Fundiertes im Angebot

Mit den nächsten 30 Seiten gelangt man zum Kernstück der Veröffentlichung: Das Keltendorf Sünna. Ausführlich, und mit vielen Bildern, geht der Autor auf den benachbarten Gasthof „Keltenhotel“ mit seiner rustikalen, das heißt „keltischen“, Gaststube ein. Es folgt ein Bericht über die Bauarbeiten mit den ausführenden Firmen. Im Nebensatz wird abgehandelt, dass andere Freilichtanlagen als Vorbild gedient haben. Von einer wissenschaftlichen Stütze oder fachlicher Betreuung ist nicht die Rede. Auch von den Grundlagen keine Spur – enttäuschend.

Das Statement „So gesehen ist das Keltendorf als archäologisches Experiment zu verstehen“ befremdet schon auf Seite 41. Das Befremden steigert sich auf den nächsten Seiten, auf denen ausgiebig auf das breite Angebot im Keltendorf Sünna eingegangen wird – und wieder darf die örtliche Erlebnisgastronomie nicht zu kurz kommen. Ein fast komplett zitierter Zeitungsartikel aus der Südthüringer Zeitung schildert ausführlich ein internationales Keltenlager – gefolgt von Fotos einer bekannten Darstellergruppe. Die Teilnehmer schaffen es, dass nicht alle Kostümierten aussehen, als wären 100 Jahre Textilforschung völlig ignoriert worden. Mein persönliches „Highlight“ ist der Salzsieder mit dem Hörnerhelm (mehrfach im Bild) und der Auftritt „Druide und Keltenprinzessin“. Ein ausgiebiger Bericht über Wahrsagerin und Kräuterfrauen, sowie Werbeausblicke auf 2008 runden den Bericht ab.

Es folgen einige Beschreibungen reizvoller moderner Wanderungen mit hübschen Landschaftsfotos. Die 6 Seiten zum Keltenhof in Mackenzell bei Hünfeld (Hessen) fallen, auch Dank einiger Zitate, schon fast fundiert aus. Die 3 Seiten zum ebenfalls thüringischen „Keltenbad“ Bad Salzungen konnten mich den Kelten ebenfalls nicht näher bringen – wie auch die Beschreibung von Radwanderungen durch die Bayrische Rhön. Eine Liste von Museen (ohne Bezug zum Büchlein) und von Touristischen Anschriften ergänzt das Angebot.

Fazit: Ich bin schlicht fassungslos. Ein vollmundiger Titel verbirgt ein werbelastiges Machwerk – es fehlt nur das Schild „Vorsicht, Touristenfalle!“ Die Kelten bleiben irgendwo im Nebel der Geschichte. Und wenn ich jemals Kelte gewesen wäre – ich wäre froh darüber!

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11 Kommentare

  1. Hat diese Frau schon mal selbst was auf die Beine gestellt?

    mit keltischem Gruß
    Burgos

    05. Februar 2009, 10:02 Uhr • Melden?
    von Burgos von Buchonia
    1
  2. Werter Burgos,

    “diese Frau” beschäftigt sich seit langem intensiv und fundiert mit der Vergangenheit. “Die Kelten” sind dabei nur eines der vielen Highlights ihrer Arbeit.
    Ich kenne wenige “Experten”, die so fit in der Thematik sind wie Frau Crumbach.
    Wenn sie hier einen Verriß schreibt, dann ist der mit Sicherheit berechtigt und ich für meinen Teil bin froh daß sie es getan hat, denn sonst hätte ich mir das Machwerk evtl. sogar zugelegt.
    Informieren sie sich doch mal unvoreingenommen über Forschung und Werk “dieser Person”, gehen sie dann in sich und schreiben sie hier eine Entschuldigung.
    Oder sie gehen in ihr Kämmerchen, wo sie weinend ihr bisheriges Keltenbild begraben und dann – aufbauend auf den Arbeiten “dieser Person” beginnen, ein neues Bild zu errichten.

    Mit erzürnten Grüßen,
    Argus

    05. Februar 2009, 11:02 Uhr • Melden?
    von Argus von Anonymien
    2
  3. … und, mein “Sohn”: Es mag ja noch hingehen, als Aushilfs-Catweazle durch den theutschen Thann zu hopsen, wer aber die ehrbare Weiblichkeit incommodiret, dem entziehe ich das Schellenstäblein, die Lizenz zum Touristenräuchern und stecke ihn zur Strafe als Duir in eine morsche Eiche auf dem Kahlen Asten, den Blitzen zu anzuzeigen: “Hier!”

    Papa

    05. Februar 2009, 15:02 Uhr • Melden?
    von Merlin
    3
  4. Burgos von Buchonia,
    Brecher des Ehrencodex.

    Wenn sie einen “Krieg” wollen,
    dann soll es so sein.

    Ich habe das Buch gelesen
    und es war nicht mal so
    lustig wie Asterix & Oberlix.

    Vielleicht sind ihre Bücher da besser? Aber das werden sie uns sicherlich als Entehrter nicht mehr mitteilen. ;)

    05. Februar 2009, 16:02 Uhr • Melden?
    von Scharfrichter von Buchonia
    4
  5. Calmez-vous, messieurs!

    Maitre Burgos, hätten Sie Weisheit und Güte, Gout-quel zu konsultieren? Denn dort findet le Druide d´aujourd-hui einige (sic) Scripten aus die Fedèr werter Grand-Dame extraordinaire!

    Stelle er nie wieder eine Frage, deren Antwort er nicht kennt!

    Mon Dieu, quel faut-pas! da läuft mir die Gallique übèr!

    05. Februar 2009, 21:02 Uhr • Melden?
  6. Mann könnte meinen, dass man den Blog einer Fantasyteengemeinde liest.

    Als Auslöser eine begründete Kritik, die dann äussert unsachlich kommentiert wird und dann in Folge von einer Anzahl von weiteren Kommentaren beantwortet werden, die vor allem dazu geeignet sind den Autoren zu amüsieren..

    Geht es noch?

    06. März 2009, 10:03 Uhr • Melden?
    von C.Meiritz
    6
  7. Herr Meiritz

    und doch konnten Sie sich
    selber einen Kommentar nicht
    verkneifen. ;)

    Geht es ihnen noch?

    06. März 2009, 16:03 Uhr • Melden?
    von Scharfrichter von Buchonia
    7
  8. Ich bitte doch dort Kommentare abzugeben, wo sie denn auch eine Kompetenz verfügen könnten, z. B. auf Esoterikmessen, wirren Selbsterfahrungshappenings oder in ihrer Therapiegruppe.. dort ist es dann auch angebracht sich weltferne Pseudonyme zuzulegen..

    Es mag ihnen nicht aufgefallen sein.. sie sind hier fehl am Platze..

    07. März 2009, 17:03 Uhr • Melden?
    von C.Meiritz
    8
  9. Herr Meiritz,
    da Sie mich anscheinend mit jemanden verwechseln und
    außer Beleidigungen auch nichts mehr zum Thema beitragen können. Werde ich nun eine Tasse Kaffee trinken und esse dabei einen Keks. Ihnen dennoch ein schönes Wochenende.

    07. März 2009, 18:03 Uhr • Melden?
    von Scharfrichter von Buchonia
    9
  10. Frau Crumbach spricht mir aus dem Herzen, vielen Dank für die fundierte Buchbesprechung.
    Das Buch gehört zur Kategorie “Volksverdummung”.

    25. September 2009, 18:09 Uhr • Melden?
    von Tanja
    10
  11. Ich habe heute 2 Kommentare gelöscht, die in die Kategorie “Troll” / “Abwatschen” gehören. Von der Sorte lasse ich hier keine mehr zu, das sind mir schon zu viele.

    Da nützen auch billige Vergleiche nix.

    Zu Kritik hierzu stehe ich per Mail zur Verfügung – und nicht hier in der Kommentarleiste. Merci

    28. Dezember 2009, 16:12 Uhr • Melden?
    von Marcel Schwarzenberger
    chronico
    11

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