Bauern Ohne Rechte, aber nicht ohne Macht

Auch wenn der Bauernstand alles andere als homogen war - eines verband sowohl freie wie persönlich unfreie Bauern: Sie bildeten (mit Ausnahme der Rechtlosen) die unterste Schicht der Bevölkerungshierarchie. Dennoch waren die Bauern längst nicht unbedeutend, wenn man ihre schiere Masse berücksichtigt.

Die ländliche Bevölkerung machte im Mittelalter durchweg den größten Anteil im Volk aus (etwa 75 bis 80 Prozent). Und die Bauern führten ein Leben, dessen Härte sich kaum noch vorstellen lässt. Meist bewirtschafteten sie eine Hofeinheit, die so genannte Hufe. Während es im Frühmittelalter noch sehr viele freie Bauern gab, gelangten später immer mehr in grundherrschaftliche Abhängigkeit, sei es durch Not oder freiwillig, um vom Waffendienst befreit zu sein oder einfach den Schutz eines Adligen zu genießen. Über diese Hintersassen herrschte ein Grundbesitzer beinahe unbeschränkt. Sie verloren nicht nur ihre Waffenfähigkeit, sondern mussten auch eine erhebliche Einschränkung ihrer Rechtsfähigkeit dulden. Die Herrschaft eines Herrn und der Frondienst für ihn (mittelhochdeutsch: fro = Herr) bestimmten das Leben.

An die Kirche musste zudem der Zehnte abgeführt werden, in Summe war die Abgabenlast durchaus drückend, Schätzungen gehen von einem Drittel bis zur Hälfte einer Ernte aus. Der verbleibende Rest musste die Familie ernähren und für die Aussaat für das nächste Jahr reichen. Breinahrung (Hafer, Roggen, Dinkel), Suppe und Fladenbrot bestimmte die magere Speisekarte. Seit der Jahrtausendwende wird gesäuertes Brot zur Hauptspeise. Erst im Spätmittelalter stieg der Verbrauch von Fleisch und Fisch auch auf dem Lande an.

Freie Bauern waren eher die Ausnahme, sie lebten hauptsächlich in Tirol, Friesland, Westfalen und in den östlichen Kolonisationsgebieten, als die Landnahme dort so richtig in Schwung kam. Diese Landnahme war es denn auch, die allmählich die Landordnung änderte. Denn neben der wachsenden Bedeutung der Städte – und der damit einhergehenden Landflucht – waren es vor allem die leeren Ostgebiete, die viele Bauern von ihrer bedrückenden Abhängigkeit fortlockte. Kaum ein Grundherr konnte sie daran hindern. Kurz, ein Grundherr musst seinen Hintersassen mehr Freiheiten gewähren, wollte er sie nicht alle verlieren.

Damit besserte sich zum einen die Situation der Bauern, zum anderen wandelte sich das Herrschaftssystem, das auf die Abhängigkeit von Menschen gründete, in ein System zu Gunsten der Herrschaft über ein Territorium. Den Herren war nunmehr daran gelegen, möglichst viel Land zu besitzen, und dieses dynastisch zu verwalten – der territoriale Flächenstaat war geboren.

Die Bauern traten hernach mit mehr Selbstbewusstsein auf, eine Spannung, die sich auch in der höfischen Dichtung des Hochmittelalters wiederfindet. Die ritterliche Welt etwa sieht sich in Minnegesängen dazu verpflichtet, sich deutlich vom Bauern abzugrenzen. Spott prägt etwa die Dichtungen des Neidhart von Reuenthal (um 1180/90 bis um 1237), der in Sommer- und Winterliedern das Leben der Bauern auf die Schippe nimmt. Er verlachte das angebliche höfische Gehabe der Bauernflegel und Bauerntrampel.

Literatur: Wilhelm Volkert; Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters; C.H.Beck; München; 1991;
Diether Krywalski, Die Welt des Mittelalters; Aschendorff Verlag; Münster; 1990

Artikel aus der Rubrik „Geschichtsszene“

  • Eine Stadt lebt das Spätmittelalter

    Reenactment, Theater und Markt – mit dieser Mischung will die Stadt Soest neue Wege bei städtischen Geschichtsfestivals beschreiten. Das Aufgebot an Akteuren auch aus der Living History klingt spektakulär.

  • Museum greift nach den Sternen

    Die Himmelsscheibe von Nebra avancierte zum Bestseller für das Landesmuseum in Halle. Mit dem Stück als zugkräftigen Mittelpunkt ließ das Bundesland das Museum für Millionen ausbauen. Torsten Kreutzfeldt kam zur Eröffnung.

  • Laufsteg für historisches Handwerk

    Zum ersten Mal findet in Deutschland die Internationale Reenactmentmesse statt. Die IRM im April wird von Aktiven der Szene in der römischen Villa Borg organisiert. Für Living-History-Darsteller, Museen und Geschichtsinteressierte.

  • Veranstalter erwarten 3000 Reenactors

    Es ist der 195. Jahrestag der für Napoleon so vernichtenden Schlacht von Waterloo: Rund 3000 -Living-History-Darsteller ziehen im Juni zum historischen Schlachtfeld am Mahnmal, dem Butte de Lion. Alle fünf Jahre schwillt das Reenactor-Lager…

3 Kommentare

  1. Ich finde den Text zwar lehreich, aber ich musste ihn zweimal lesen, um ihn zuverstehen. Für jüngere Leser könnte er eventuell etwas unverständlich sein!
    mfg
    F.L.

    20. Februar 2006, 15:02 Uhr • Melden?
    von Fabienne L.
    1
  2. Ich find diesen text sehr gut und gelungen! Ich musste ihn keine 2 mal lesen um ihn zu verstehen! Der Text ist sehr informations reich und perfekt für Referate geeignet! Mir hat er sehr geholfen! Danke! Liebe Grüße Anita :)

    25. April 2006, 17:04 Uhr • Melden?
    von Anita
    2
  3. Ich finde diesen Text sehr gut.Manches hab ich zwar erst beim zweiten mal lesen verstanden, aber für Hausaufgaben als hilfe ist der Text gut. :-)

    26. April 2006, 17:04 Uhr • Melden?
    von Janine (13)
    3

Ihr Kommentar zum Artikel „Ohne Rechte, aber nicht ohne Macht“


Sie sind angemeldet als

abmelden