Barock-Reenactment 1704 – Kampf um Spaniens Thron

Darsteller des Vereins Eichbergerhof (von links): Grenadier, Musketier, Offizier, preußischer Musketier, Trommler. © Dr. Arnold Schromm / Verein Eichbergerhof

Die Spanischen Erbfolgekriege hatten ihren Höhepunkt in der Schlacht bei Höchstädt 1704. Eine Zeit der Umbrüche, die ihre Spuren bis heute hinterlassen hat. Ein Verein lässt diese Geschichte in Bayern aufleben.

Frankreich sprengt den Ring

Nachdem es im 15. Jahrhundert die Engländer aus dem Land gejagt hat, und nachdem Karl der Kühne das erst in jenem Jahrhundert aufstrebende Burgund ruinierte, ist Frankreich erst einmal seine schlimmsten Bedränger los geworden. In Paris geht man daran, das Staatsgebiet zu vergrößern. Und da Europa eng besiedelt ist, stößt man bald auf eine neue Macht, das Heilige Römische Reich deutscher Nation, und diese erweist sich unter dem Herrschergeschlecht der Habsburger als zäher Gegner. Vom Beginn des 16. Jahrhunderts an bis zum Zweiten Weltkrieg greifen Frankreich und Deutschland immer wieder gegeneinander zu den Waffen. Hüben wie drüben spricht man von der anderen Seite als dem „Erbfeind“.

Seit dem 16. Jahrhundert ist Spanien im festen Bund mit den Habsburgern. Von Karl V. heißt es, in seinem Reich gehe die Sonne nicht unter. Ende des 17. Jahrhunderts nun erlischt die spanische Herrscherlinie im Mannesstamm, und das Rennen um den Thron beginnt. Frankreich, das sich seit zwei Jahrhunderten von den Habsburgern umzingelt sieht (schließlich gehören Deutschland, Oberitalien und Spanien zur anderen Seite), erkennt die Chance, diesen Ring zu sprengen, und meldet einen eigenen Anwärter auf den spanischen Thron an.

Als die Diplomatie versagt, lässt man die Waffen sprechen. Der Spanische Erbfolgekrieg bestimmt von 1702 bis 1714 die europäische Politik (genauer gesagt, nur die westeuropäische, denn im Osten versucht zur gleichen Zeit Karl XII., sein Schweden auf Kosten von Polen und Russland zu vergrößern). Frankreich, das die stärkste Armee in Europa besitzt, steht im Bunde mit Bayern und Spanien. Österreich wiederum zählt das deutsche Reichsheer, die Niederlande und England (das Königreich Großbritannien entstand 1707 durch den Zusammenschluss mit Schottland; Anm. d. Red.) zu seinen Alliierten. Im Laufe der Auseinandersetzungen wechseln Savoyen (zwischen Südostfrankreich und Oberitalien gelegen) und Portugal die Seiten und fallen von Frankreich ab.

Die Schlacht bei Höchstädt

1704 steht die Lage für die Alliierten schlecht, die Franzosen schicken ein großes Heer nach Bayern, das sich mit den Truppen des dortigen Kurfürsten vereinigen soll, um gemeinsam gegen Wien zu marschieren. Gut 70.000 Mann wird dieses Heer dann zählen. Die Alliierten haben dort nur halb so viele Soldaten stehen. Der britische Herzog von Malborough (ein Vorfahre des späteren Premiers Churchill) rückt mit Truppen von der holländisch-belgischen Front heran, gleichzeitig marschiert der in österreichischen Diensten stehende Prinz Eugen von Savoyen aus dem Süden nach Bayern.

Die Armeen beider Seiten treffen bei Augsburg zusammen. Wie damals üblich belauert man zunächst einander und marschiert umeinander herum, bis man eine noch bessere Ausgangsposition gefunden hat. Die Bayern und Franzosen sitzen in einer gut ausgebauten Stellung und denken zunächst gar nicht daran, diese zu verlassen. Durch geschicktes Manövrieren gelingt es den Alliierten dann aber doch, sie dazu zu bewegen, sich neu aufzustellen. Diesen Moment, als der Gegner sich auf dem Marsch und nicht mehr im Schutz der Verschanzungen befindet, nutzen Malborough und Prinz Eugen zum Angriff.

Dank ihrer besseren Koordination und des Überraschungsmoments erringen sie am 13. August 1704 bei Höchstädt einen großen Sieg. Den Franzosen und Bayern wird zum Verhängnis, dass sie zu viele Kräfte darauf konzentrieren, sich in den Dörfern am Frontverlauf zu verschanzen, um den Angriff abzuwehren. Der französische Oberbefehlshaber Tallard vermag es daher in den entscheidenden Augenblicken nicht, von den Flanken Reserven herbeizuführen, um zu einem kräftigen Gegenangriff überzugehen und so das Blatt noch einmal zu wenden. Der Erfolg der Alliierten ist umso bedeutender, als das bislang siegverwöhnte französische Heer zum ersten Mal eine schwere Niederlage hinnehmen muss.

Eine Bemerkung am Rande: In Großbritannien ist das Treffen bei Höchstädt besser als die Schlacht von Blenheim bekannt. An einer der Flanken des Gebiets steht das Dorf Blindheim, das im Englischen später zu Blenheim verballhornt wurde.

Rettungsaktion für Feldherrn-Quartier

Das Hauptquartier des Feldherrn Prinz Eugen während der so wichtigen Schlacht hat sich auf dem Eichberger Hof befunden. Es gibt ihn noch heute – ein Stück nördlich des Schlachtfeldes. Der Hof mit seiner originalen Bausubstanz war allerdings seit den 1970er Jahren dem Verfall preisgegeben und bot bis in jüngste Zeit hinein einen eher jammervollen Anblick. Doch Rettung ist inzwischen in Sicht, denn der Förderverein „Eichbergerhof e.V.“ hat die Restaurierung in des historischen Ortes in die Hand genommen.

Dr. Arnold Schromm vom Vereinsvorstand berichtet gleich selbst: „2004 – also 300 Jahre nach der Schlacht – war das Bauernhaus am Einstürzen. Eine Gruppe geschichtsbegeisterter Leute tat sich damals zusammen, um das unter Denkmalschutz stehende Gehöft zu retten. Ein Verein wurde gegründet. Dann ging es ans Anpacken. Vieles ist seitdem geschehen: Mauern wurden saniert, Dachstuhl und Dach auf Haupt- und Nebengebäude erneuert. Die Fortschritte und viele weitere Informationen zur Schlacht werden auf einer eigenen Internetseite präsentiert. Doch es gibt noch viel zu tun, und der kleine Verein kann jede Hilfe dringend gebrauchen, zum Beispiel neue Mitglieder gesucht. 2004 wurde das Gehöft als Station Nr. 7 in den neu eingerichteten ‘Denkmalweg 1704’ aufgenommen, der an die welthistorisch bedeutsame Schlacht bei Höchstädt erinnert.“

Der Verein steht in enger Kooperation mit dem Schloss Höchstädt und dessen Ausstellung zur gleichnamigen Schlacht. Dort ist im Heimatmuseum selbige auch mit einigen tausend Zinnfiguren nachgestellt. Noch einmal O-Ton von Dr. Schromm: „Absolut sehenswert und informativ bezüglich des Themas Schlacht bei Höchstädt ist die Dauerausstellung im Schloss. Auch Führungen in Uniform auf dem ehemaligen Schlachtfeld sind auf Anfrage möglich.“ (siehe Kasten)

Förderverein betreibt Barock-Reenactment

Der Eichbergerhof-Verein führt auch (vornehmlich) bayerische Uniformen aus dem Barock vor. Eine Epoche, die im deutschsprachigen Raum nicht allzu viele Darsteller findet. Was kaum verständlich erscheint, fällt doch gerade in diese Zeit die Einführung der durchgehend genormten Bekleidung der Soldaten. Das heißt, sie sehen von nun an gleich aus und tragen „uniforme“ Farben und Stücke. Mit anderen Worten, die „Uniform“ ist geboren.

Natürlich hat es schon vor und während des 30-jährigen Krieges einzelne Bemühungen gegeben, die Leibwache eines Fürsten uniform nach außen auftreten zu lassen, doch erst mit dem Aufkommen der stehenden Heere ergibt sich die Notwendigkeit, alle Angehörigen einer solchen Armee gleich aussehen zu lassen. Dabei schälen sich schon in den Jahrzehnten vom Ende des 17. bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts die Grundfarben heraus, denen die Staaten bis zum Ersten Weltkrieg treu bleiben sollten (mit den üblichen Ausnahmen, Einschränkungen und Sonderregelungen natürlich): Rot für Großbritannien, Dunkelblau für Frankreich, Weiß beziehungsweise Grau für Österreich und ein helleres Blau für Bayern. Nicht umsonst lautete ein Synonym dafür, im Militärdienst zu stehen, „den bunten Rock des Königs/Kaisers zu tragen“.

Lassen wir Dr. Schromm ein weiteres Mal zu Wort kommen: „… Besonderheit des Vereins ist die historische Kleidung und Ausrüstung seiner Mitglieder. Bei entsprechenden Veranstaltungen können vier bis fünf Soldaten des bayerischen Leibregiments Kurfürst Max Emanuel aufgeboten werden. Rekonstruiert wurde die Ausstattung durch Dr. Marcus Junkelmann (der sich auch beim Römer-Reenactment einen guten Namen gemacht hat, Anm. d. Autor). Eine Uniform des bei Höchstädt eingesetzten preußischen Kontingents – das Infanterieregiment Nr. 7 Markgraf Christian Ludwig unter dem Oberbefehl des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau – wird von mir gezeigt. Höhepunkt der Gruppe stellt Renate Bernhard-Koppenberger in ihrem Barockkleid einer adligen Hofdame mit atemberaubendem Dekolleté und stilechter Fontage dar.“

Geschichtsvermittlung durch öffentliche Auftritte

Einige Mitglieder des Fördervereins Eichbergerhof traten jüngst im Dezember 2007 wieder einmal am Schloss Höchstädt an der Donau in Bayern auf. Die Besucher des Weihnachtsmarktes wurden an der Auffahrt vor dem Schlosstor von Damen und Soldaten im Stil der Zeit um 1700 begrüßt. Damit machte der Verein auf sich und seine Arbeit aufmerksam und füllte zugleich ein wenig die Sammelbüchse: die Restaurierung des alten Bauernhauses Eichbergerhof kostet.

Die frostigen Temperaturen des Dezember-Wochenendes zwangen die Akteurin Renate Bernhard-Koppenberger diesmal dazu, eine warm eingepackte Marketenderin aus jener Zeit darzustellen. Wegen des Weihnachtsmarktes verzichtete der Verein darauf, die Steinschlossflinten abzufeuern. Den Besuchern wurde aber das Laden und Exerzieren am Gewehr vorgeführt – nach originalen Vorbildern. Und das sind die Pläne des Vereins: Bei zukünftigen Veranstaltungen wird der Besucher des Eichberger Hofs einen eingehenden Einblick in die Militärtechnik der Zeit um 1700 erhalten. Zur Beantwortung historischer Fragen bezüglich Kleidung und Waffen stellen sich die Vereinsmitglieder selbst zur Verfügung.

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