Soester Fehde Eine Stadt lebt das Spätmittelalter

Das Nürnberger Aufgebot ist in Soest dabei und bietet Ausrüstung aus dem 15. Jahrhundert. © Marcel Schwarzenberger

Reenactment, Theater und Markt – mit dieser Mischung will die Stadt Soest neue Wege bei städtischen Geschichtsfestivals beschreiten. Das Aufgebot an Akteuren auch aus der Living History klingt spektakulär.

Auf ins Jahr 1449

Das Casting ist noch im Gange: Im August 2009 will die nordrhein-westfälische Stadt Soest ein neues Kapitel in Sachen historisches Stadtfest aufschlagen – und sucht dafür Statisten für ein Theaterstück und Living-History-Akteure für Reenactment und Mittelalterspektakel. All das soll sich „bewusst von den reinen Mittelaltermärkten abheben“, sagt Birgitt Moessing vom Soester Stadtmarketing.

Der Titel des Spektakels „Soester Fehde 1444 bis 1449“ verweist auf den geschichtlichen Hintergrund. Im 15. Jahrhundert versuchte die aufstrebende Stadt Soest die engen Bande zum Kölner Erzbischof zu lockern. Der Konflikt mündete in einer Fehde, in der Soest mit dem Herzog von Kleve einen neuen Landesherrn bekam, der den Bürgern weitgehende Rechte zusicherte.

Geschichte als Theaterstück

Gut 560 Jahre später plant die Stadt ein Festival, das die ganze Gemeinde und die aufs Spätmittelalter spezialisierte Living-History-Szene in Wallung bringen soll. Möglichst echt, möglichst authentisch und ganz auf das 15. Jahrhundert zugeschnitten sollen die Angebote vom 15. bis zum 23. August sein. Die Stadt arbeitet dafür mit dem Soester Kulturforum und dem „Reichsaufgebot“ – einem Zusammenschluss mehrerer Living-History-Gruppen – zusammen.

Das Aufgebot mutet gewaltig an: Bis zu 1000 Schauspieler, Statisten und Akteure will Soest zusammenbringen. Im Zentrum steht unter anderem ein Theaterstück, das von professionellen Schauspielern, aber auch Laien getragen wird. Auch dafür sollen passende Kostüme geschneidert werden. Generalprobe ist am Donnerstagabend, 20. August, um 20 Uhr auf dem Petrikirchplatz. Zur selben Uhrzeit wird das Festspiel am Freitag, Sonnabend und Sonntag darauf erneut aufgeführt.

Ein Rahmenprogramm planen die Stadtväter außerdem. Als „Mittelalterfest“ samt Gauklern, Kurtisanen und Musikern wird dieser Part im Veranstaltungsprogramm geführt. Auch dafür können sich noch Akteure bewerben. Inwieweit sich dieses Fest tatsächlich von üblichen Märkten zu Stadtfesten unterscheidet – das wird die Praxis zeigen.

Spätmittelaltergruppen sind dabei

Living History im engeren Sinne und möglichst nah am Original wollen das „Reichsaufgebot“ mit seinen Mitgliedsgruppen und Gastakteuren betreiben. Sie stellen den Kern des dritten Programmschwerpunkts. Die Inszenierung „Der große Sturm auf die Stadt von 1447“ soll im Stadtkern zwischen Osthofen- und Thomätor das Spätmittelalter zu neuem Leben erwecken.

Das Reenactment zeigt eine Interpretation des Angriffs auf Soest durch die Truppen des Kölner Erzbischofs. Der Schaukampf findet am Sonnabend, 22. August, ab 15 Uhr sowie am Sonntag, 23. August, ab 13.30 Uhr und ab 16 Uhr statt. Eine andere Szene verdeutlicht, wie der festliche Einzug von Herzog Johann von Kleve in die Stadt ausgesehen haben könnte. Der ist am Sonnabend, 22. August, ab 13 Uhr zu sehen. Auch für diese Prozession werden noch Mitwirkende gesucht. Die beteiligten Gruppen bauen zudem ein Feldlager samt Lazarett auf. Führungen und Vorträge rund um das Spätmittelalter ergänzen das Angebot.

Für viele Mitwirkende, aber auch für die Stadt Soest selbst, wird das Spektakel ein erstmaliges Experiment in dieser Größenordnung. Ob es einmalig bleibt, wird sich zeigen. Geplant ist vorerst, diese Mischung aus Reenactment und historisches Stadtfest alle zwei Jahre anzubieten. Für den Living-History-Bereich wird es vor allem dort spannend, wo es um die Abgrenzung zum üblichen Marktgepränge geht. Dort muss sich noch zeigen, ob die historischen Anforderungen auch erfüllt werden. Bei manchen Living-History-Akteuren überwiegt noch die Skepsis. In „seinem“ Abschnitt will zumindest das „Reichsaufgebot“ um Vorstand Dietrich Pott für ein stimmiges Bild sorgen – sowohl militärisch als auch zivil, wofür unter anderem das norddeutsche Bündnis von Darstellergruppen „Vruntlike Tohopesate“ sorgen wird.

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    Reenactment, Theater und Markt – mit dieser Mischung will die Stadt Soest neue Wege bei städtischen Geschichtsfestivals beschreiten. Das Aufgebot an Akteuren auch aus der Living History klingt spektakulär.

2 Kommentare

  1. Das ist mal ein Event, das man sich im Kalender markieren sollte. Freu mich schon.

    01. Mai 2009, 11:05 Uhr • Melden?
    von Thomas D.
    1
  2. Die Soester Fehde lohnt(e) sich aufjedenfall!
    Ich war letztes Jahr, damals noch als Darsteller, da. Allerdings nicht im eigentlich Geschehen, sondern in der Stadt selbst.
    Die Leute waren aufgeschlossen und interessiert.
    Insgesamt ein gelungenes Event!

    02. März 2010, 19:03 Uhr • Melden?
    von Katharina K.
    2

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