Runeninschriften Der Tod der alten Götter

Schmuck war bei den Alamannen ein beliebtes Mittel, um die eigenen religiösen Überzeugungen kundzutun. Um 600 hatte das Christentum noch längst nicht überall bei diesem germanischen Stamm Fuß gefasst. Selten sind schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit, die Archäologen und Historikern ein genaues Bild der Abläufe geben. Zwei dieser kostbaren Hinterlassenschaften finden sich auf Schmuckgegenständen, die jetzt im Alamannenmuseum Ellwangen zu sehen sind.

Die Sonderausstellung „Von Wotan zu Christus – Die Alamannen und das Kreuz“, die bis zum 10. September im Alamannenmuseum Ellwangen zu sehen ist, ist damit um zwei außergewöhnliche Ausstellungsstücke reicher. Beide zeigen zwei der äußert seltenen Belege für Runeninschriften aus dem Gebiet der Alamannen.
Auf der 1905 in Nordendorf im Kreis Augsburg als Grabbeigabe entdeckten Runenfibel, der Gewandnadel einer reichen Alamannin, werden die germanischen Götter Wotan und Donar erwähnt. Die Inschrift lautet: „Lügner (und Zauberer sind) Wotan und Weihedonar; Awa (dem) Leubwini (wünscht oder schenkt Glück).“ Die um 600 in einer Zeit der zunehmenden Christianisierung der Alamannen entstandene Inschrift steht also für die Abkehr von den alten germanischen Göttern.

Bei dem zweiten Stück, einer 1996 in einem Alamannengrab in Pforzen, Kreis Ostallgäu, entdeckten silbernen Runenschnalle aus derselben Zeit sind sich die Fachleute dagegen nicht sicher, ob die Inschrift auf der Beschlagplatte die gleiche Bedeutung hat. Einerseits wurde sie mit „Aigil und Ailrun verurteilen die Hirsche“ übersetzt und so gedeutet, dass damit eine Art Hirschmaskerade als heidnisches Brauchtum der Germanen gemeint sei – und dieser alte Brauch vom Träger der Schnalle verworfen wurde. Andere Forscher deuten die Inschrift dagegen als „Aigil und Ailrun kämpften/stritten an der Ilzach/Alzach“. Dies könnte die Anfangszeile eines bis heute unbekannten germanischen Heldenepos‘ sein.

Wie auch immer die Experten sich entscheiden – für den Ellwanger Museumsleiter Andreas Gut gehören die Schmuckstücke zu den wertvollsten Alamannenfunden, die bislang in dem seit vier Jahren bestehenden Museum gezeigt wurden. Leihgeber der beiden Spitzenstücke sind das Römische Museum Augsburg und die Städtischen Museen Kempten.

Fakten zur Ausstellung

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag: 10-12.30 und 14-17 Uhr
Samstag und Sonntag: 10-17 Uhr
Montag außer feiertags: geschlossen
Eintritt: 2,50 EUR, ermäßigt 1,50 EUR

Führungen am 4.6., 2.7. und 10.9.2006 um 11 Uhr
Museumsnacht am 9.9.2006 von 19-24 Uhr

Die Begleitbroschüre „Heiden und Christen – Archäologische Funde zum frühen Christentum in Südwestdeutschland“ kostet 2,50 EUR (56 Seiten).

Artikel aus der Rubrik „Geschichtsszene“

  • Königspfalz hinterlässt faden Eindruck

    Das Jahr 980: Kaiser Otto II., Kaiserin Theophanu und viele Zeitgenossen – das war der Plot für das „Kaiserlager“ in der alten Königspfalz Tilleda. Ariane Rode von der „Druzina“ war dabei – voll enttäuschter Vorfreude. Ein Meinungsbeitrag.…

  • Hölleninstrument der Spielleute

    Historische Instrumente: Sie bieten Stoff für Legenden, Musikgeschichten – und treffen noch heute die Menschen ins musikalische Herz. Die neue chronico-Serie läutet Dudelsack-Fachmann Ralf Gehler ein.

  • Hilfe, die Geschichte lebt!

    Phänomen „inszenierte Geschichte“: Vielschichtig und verwirrend sind die vielen Strömungen und die verwendeten Begriffe. Die Archäotechnikerin Sylvia Crumbach wirft einen Blick auf eine Szene zwischen Professionalität und Liebhaberei.…

  • Malerei für die Ewigkeit

    1787 schwärmt Goethe im italischen Paestum über „Tempel und Denkmale einer ehemals so prächtigen Stadt“. Viele ihrer Grabfresken werden jetzt erstmals vollständig gezeigt. Die Bilderschau in Hamburg läuft noch bis 20. Januar 2008. …

Ihr Kommentar zum Artikel „Der Tod der alten Götter“


Sie sind angemeldet als

abmelden