Kreuzzüge Einbruch in eine fremde Welt

So gewaltig die Anstrengungen der Kreuzfahrer im Heiligen Land, der Levanteküste, auch waren - ihr wahrer Einfluss beschränkte sich meist auf einen relativ engen Küstenstreifen, den sie mit einem dichten Netz aus Burgen an strategisch wichtigen Punkten überzogen. Das eigentliche Rückgrat ihres Herrschaftsgebietes war nicht Jerusalem, das sie immer wieder verloren, sondern Hafenstädte wie Akkon oder Tyrus. Die bauten sie stetig als Basen für Vorstöße ins Landesinnere aus. Und ohne diese Verbindungshäfen nach Europa wäre das christlich-militärische Engagement bald aus Mangel an Nachschub versiegt.

Moskitostiche?

Aus dieser eher dünnen Verteidigungslinie (oder auch Vorstoßlinie, je nach Betrachtung) heraus, zimmerten viele Historiker das Bild von dennoch recht wenig einflussreichen Kreuzzügen auf die islamische Welt. In der arabischen Geschichtsschreibung zumindest scheinen die Kämpfe wenig Eindruck hinterlassen zu haben.

Die Franken, wie sie die Eindringlinge nannten, waren eher lästige Begleiterscheinungen der ewigen Machtkämpfe zwischen den islamischen Dynastien. Doch dieses Bild halten andere Wissenschaftler für einseitig. Auch wenn angesichts der gewaltigen Ausmaße des islamischen Machtbereichs die Kreuzzüge auf vergleichsweise engem Raum stattfanden, wirkten sie dennoch wie ein mächtiger Katalysator bei der Neuordnung der politischen Welt im Orient.

Machtwechsel

So warfen die Sunniten den schiitischen Fatimiden vor, nicht genug gegen die Invasoren getan zu haben. Tatsächlich aber beschleunigte der Einfall der Kreuzritter den Zerfall des angeschlagenen ägyptischen Kalifats. Und die Übernahme der Macht durch die Ajjubiden kann in ihrer Vollständigkeit nur vor dem Hintergrund der Gefahr von außen verstanden werden. Ebenso der Ausbau der Dynastie durch Sultan Saladin in Syrien und Palästina.

Denn eines ist klar: Der Vormarsch der christlichen Heere konnte sich überhaupt nur so erfolgreich und langwierig gestalten, weil ihnen keine einige islamische Macht entgegentrat. Die Araber waren untereinander verstritten.

Als nun 1097 die ersten Kreuzfahrer in der Ebene von Antiochia erschienen, glaubte so mancher Moslem noch an eine Armee der Byzantiner, mit denen es seit Jahrhunderten Grenzstreitigkeiten gab. Doch wie anders die neuen Feinde waren, erwies sich sehr schnell. War der Kampf mit den Griechen noch von gewissem gegenseitigem Respekt geprägt, drangen die Kreuzfahrer mit fanatischer Wut und Grausamkeit vor. Damit überraschten sie gar die alteingesessenen (und geduldeten) christlichen Gemeinschaften, denen die Neuankömmlinge mit ihrem Vorgehen einen Bärendienst erwiesen.

Gegensätze

In dieser Zeit begann die drastische Ablehnung der Religion des anderen. Die Kreuzfahrer waren besessen von ihrer Idee, die christlichen Kultstätten den „Heiden“ mit aller Gewalt entreißen zu müssen, und dafür einen vollständigen Sündenablass zu bekommen.

Selbst diplomatische Anstrengungen durch Fürstentümer wie Antiochia und Tripolis, deren Herrscher mit dem muslimischen Adel durchaus auf Augenhöhe verhandelte (und dabei schon mal Verträge gegen christliche Nachbarn schloss) konnten die entstandenen Gräben zwischen den Kulturen nicht schließen. Die Christen wurden stets als Besatzer angesehen. Integration war auf beiden Seiten nicht gefragt.

Den Mamluken war es schließlich vorbehalten, nach den Mongolen auch die Kreuzfahrer aus dem Land zu vertreiben. 1291 läuteten sie mit der Eroberung von Akkon das Ende der Kreuzzüge ein. Der eigentliche Kreuzzugsgedanke – die Verteidigung der heiligen Stätten – war zu jener Zeit bereits lange von dem verbissenen Kampf gegen die Türken verdrängt worden.

Weit bedeutender sind die Einflüsse der Kriege auf die Entwicklung des Abendlandes – von der Kultur und Wissenschaft des Orients bis hin zur höfisch-ritterlichen Welt und dem Aufschwung des Fernhandels durch die Teilnahme der italienischen Seerepubliken. Aber das ist eine andere Geschichte.

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3 Kommentare

  1. [b]fetter Text[/b]Mir hat dieser ungute Artikel in keinster Weise weitergeholfen

    07. März 2005, 19:03 Uhr • Melden?
    von Letitia
    1
  2. SUPER!!!

    Genau das brauche ich für mein referat

    15. Juni 2005, 15:06 Uhr • Melden?
    von der unbekannte
    2
  3. Etwas oberflächlich, aber in sich abgeschlossen und logisch.
    Leider erfährt man sehr wenig über die wirklichen Veränderungen die die arabische Welt mit und nach den Kreuzzügen erfuhr.
    Geschweigedenn erkennt man die Bedeutung für die arabische Welt.

    29. Oktober 2005, 16:10 Uhr • Melden?
    von Trace
    3

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