Chronik Die Geschichte der Zeitalter
Von Marcel Schwarzenberger
publiziert am in Chronik
Die mittelalterliche Geschichtsschreibung kennt mehrere literarische Gattungen, die teils aus der Antike übernommen und weiterentwickelt wurden. Neben den Lebensbeschreibungen (vitae) und den Annalen (jahrweise Aufzeichnungen besonderer Ereignisse) haben vor allem die Chroniken an Bedeutung gewonnen. Da Chroniken als historiografische Literatur Zeugnis von Vergangenem abgeben sollten, ist für ihre Bewertung stets interessant, welche Absicht der Verfasser mit seinem Werk verfolgte. Gleich ist den Chroniken, dass sie Ereignisse in einer konkreten zeitlichen Abfolge darstellten (Chronos = Zeit).
Chroniken gab es schon in der Antike. Der Bibliothekar von Alexandria und Geograf Eratosthenes von Kyrene (um 282-um 202 vor Christus) gilt als Begründer dieser literarischen Gattung. Das Christentum übernahm diese Form, da sie sich hervorragend für ihre Zwecke eignete. Die Religion trat von Beginn an als Geschichtslehre auf. Sie sieht die Weltgeschichte und damit die Geschichte der Menschen als Heilsgeschichte, die zu Gott führt.
Die christliche Lehre wurde von vielen Chronisten in ihren Werken aufgenommen und verteidigt. Julius Africanus etwa (gest. um 240) stellte die erste christliche Chronologie zusammen. Kirchenvater Hieronymus (342-420) schuf nicht nur mit der Vulgata eine Jahrhunderte lang gültige Bibelübersetzung, sondern kombinierte in seiner Chronik „De viris illustribus“ tatsächliche Geschehnisse mit der Heilslehre. Er prägte die Geschichtsschreibung formal. Für die Ausgestaltung der Inhalte über einen langen Zeitraum hinweg sorgte ein anderer Kirchenvater – Augustinus (354-430). Bis in die Neuzeit hinein wurde er zur theologischen Autorität für die meisten Chronisten. Seine „Confessiones“ (Bekenntnisse) wirkten auf die Lebensbeschreibungen und die 24-bändige Weltchronik „De civitate Dei“ (Der Gottesstaat) bestimmte die Form der Geschichtsschreibungen. Entgegen der antiken Lehre vom Kreislauf entwarf Augustinus darin eine stetige Entwicklungsgeschichte in sechs Epochen – entsprechend den sechs Werktagen Gottes.
Ihren Höhepunkt erreichte die mittelalterliche Geschichtsschreibung mit dem Werk des Freisinger Bischofs Otto (1112-1158), der „Chronica sive historia de duabus civitatibus“ (Chronik oder Geschichte der zwei Staaten). Darin befasst sich Otto ebenfalls mit den zwei Staatenvorstellungen des Augustinus, doch mehr als Historiker, der echte Ereignisse vor dem Hintergrund dieser Lehre beleuchtete und geschichtsphilosophisch betrachtete. Das erste Geschichtswerk in deutscher Sprache war die „Sächsische Weltchronik“ des Eike von Repgow (um 1180-1233), der auch den „Sachsenspiegel“ verfasste. Weltberühmt wurde auch die Weltchronik von 1493 des Nürnberger Humanisten Hartmann Schedel (1440-1514). Das Werk folgt dem üblichen Schema der Weltzeitalter von Adam bis zum Jüngsten Gericht. Doch Schedel hielt auch die Zeit Kaiser Maximilians I. (1459-1519) eindrücklich fest. Vom 14. Jh. an sind auch regional begrenzte Chroniken einzelner Städte überliefert.
Literatur: Wilhelm Volkert; Adel bis Zunft, Ein Lexikon des Mittelalters; C.H.Beck; München; 1991;
Diether Krywalski, Die Welt des Mittelalters; Aschendorff Verlag; Münster; 1990
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