Wanderhure Eine Hübschlerin zwischen Kirche und Reich

Kurzinhalt: Im Konstanz des 15. Jahrhunderts wird Marie, die gottesfürchtige, wohlerzogene Tochter eines gut situierten Kaufmanns, Opfer der Intrigen eines Mitgiftjägers. Vergewaltigt und mit Rutenschlägen aus der Stadt getrieben, wächst ihr Hass auf ihren Peiniger. Dieser Hass hält sie aber auch am Leben. Sie trifft auf Hiltrud, eine Wanderhure, die sich ihrer annimmt und sie in das "Geschäft" einweisen will, sobald Marie wieder in der Verfassung ist zu arbeiten. Anfangs weigert Marie sich, ein Leben als von allen verachtete Hübschlerin zu führen. Doch die Aussichtslosigkeit und die Aussicht auf diesem Weg zu ihrer Rache zu kommen, stimmen sie schließlich um. Sie wird eine begehrte Hübschlerin. Ihr Weg führt sie dann schließlich auch wieder zurück nach Konstanz.

Im Rahmen einer flüssig zu lesenden, mitreißenden Geschichte wird dem Leser viel fundamentales Wissen, über die einfache Lebensweise der unterprivilegierten Schichten bzw. des Pöbels vermittelt. Toilettengänge, Körperhygiene, wo und wie gegessen wurde, wie leichte Wunden versorgt wurden, Sitten und Gebräuche – all das findet in der Geschichte ihren Platz.
Der Leser bekommt ebenfalls einen guten Eindruck von der Rolle der Frau, der Rolle der Kirche und der damaligen Rechtsprechung. Die Kirchenspaltung unter den drei Päpsten verursachte Unruhen und eine Orientierungslosigkeit unter dem Volk. Der moralische Verfall wurde ebenfalls diesem Umstand zugesprochen.
So verlaufen Hoch- und Tiefpunkte in Maries Leben parallel zu dem historischen Geschehen und ihre Situation scheint bedingt durch die Zustände in der Gesellschaft. Mit dem Konstanzer Konzil scheint sowohl Ordnung in ihr Leben, als auch Ordnung in das damalige Reich einzukehren. Die Gegenpäpste wurden abgesetzt und Johannes Hus, der die Verweltlichung der Kirche bekämpfte, wurde als Ketzer verbrannt.

Iny Lorentz; Die Wanderhure; Knaur Verlag; 2004; 607 Seiten; 19,90 EUR; ISBN: 3-426-66112-8

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5 Kommentare

  1. Inzwischen auch für 10,95 E als Broschur erhältlich

    28. Januar 2005, 10:01 Uhr • Melden?
    von niviann
    1
  2. Dieses Buch ist einfach nur fantastisch!!!

    06. Februar 2006, 22:02 Uhr • Melden?
    von Gudram
    2
  3. Ein schnell zu lesendes Buch mit einem guten Informationsgehalt, doch den Begriff“Behörde” in der wörtlichen Rede zu verwenden ist falsch, da es ihn zu dieser Zeit noch gar nicht gab.

    25. Februar 2006, 17:02 Uhr • Melden?
    von Dieter
    3
  4. Das Buch ist fantastisch.
    Habe mir auch gleich “Die Kastellanin” und “Das Vermächtnis der Wanderhure” gekauft.

    19. Juni 2007, 12:06 Uhr • Melden?
    von Marion
    4
  5. Also das Buch mag ja belletristisch gesehen lobenswert sein- auch wenn man da geteilter Meinung sein darf- aber “guten Informationsgehalt” kann man ihm wirklich nicht attestieren. Wie 99,9_% aller “Mittelalterromane” ist es in Beschreibung von Kleidung, Sachkultur und Sozialogie einfach grob falsch.

    29. Juni 2007, 15:06 Uhr • Melden?

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