Bamberger Ensemble Die fränkische Musiker-Dynastie

Nachhaltigkeit ist ein sprödes Wort. Und doch wäre dies die treffende Umschreibung, wenn es um ein ganz bestimmtes Musikensemble geht. Seit 20 Jahren treibt sich die Capella Antiqua Bambergensis in den musikalischen Gefilden von Mittelalter und Renaissance umher. Die Gruppe ist inzwischen ein erfolgreiches Familienunternehmen mit Sitz auf dem fränkischen Schloss Wernsdorf, nahe bei Bamberg. Im Oktober gibt die Gruppe eines ihrer Konzerte im heimischen Gemäuer – auf mehr als 1500 Gigs schaut die „Capella“ inzwischen zurück.

Der Ursprung heißt Bach

„Schuld“, wenn man so sagen darf, ist die musische Atmosphäre der Pfarrkirche zu St. Gangolf in Bamberg. Oder vielmehr die Kirchenorgel in dem Gotteshaus. Sie zog vor vielen Jahren den Gymnasiasten Wolfgang Spindler magisch an. Er lernte das Instrument beherrschen und versank träumend in den Werken von Johann Sebastian Bach. „Er war der eigentliche Grund, der mich zur Musik und damit zur so genannten Alten Musik führte“, sagt Spindler heute. Als Professor für Musik und Sozialarbeit an der Universität Bamberg gibt er seine Liebe zur Musik weiter. Aber das ist nur ein Teil seiner Mission.

Den Franken überfiel mit seiner Neigung für die Musik der alten Zeiten auch die Neugier auf das Vergangene. Die Feldforschungen in Sachen Musikgeschichte führten folgerichtig zur Gründung des Ensembles. Heute spielen neben Professor Spindler auch zwei Söhne und eine Schwiegertochter in der sechsköpfigen Gruppe mit.

Eine Familie baut ihr Imperium

„Heitere Musik aus alten Zeiten“ – diesem Wahlspruch hat sich die Capella von Spindler verschrieben. In der Zuhörerschaft ist der Professor bekannt für seine erzählerischen Einlagen mit Anekdoten musischer Fürsten und die Besonderheiten der Instrumente. Die sind – wie die Noten auch – nach originalen Vorbildern nachgebaut. Einen gut Teil baut die Capella selbst; des Professors Sohn Andreas Spindler ist Instrumentenbauer. Auch seine Werkstatt ist auf Schloss Wernsdorf beheimatet.

Eigene Aufnahmen, und die von Musikerkollegen wie Triskilian, produziert Ensemble-Mitglied Thomas Spindler im eigenen Label „CAB Records“. Wo? Auf Schloss Wernsdorf natürlich. Das ehemals fürstbischöfliche Jagdschloss fristete lange Jahre ein tristes Dasein als vergessenes Kleinod, bis es in den neunziger Jahren renoviert wurde – von der Spindler-Familie. Und so finden heutzutage dort Konzertreihen des Ensembles, aber auch anderer Künstler, Workshops für Instrumentenbau statt. Das Schloss ist Heimstatt der von Professor Spindler gegründeten Privatakademie für Kultur- und Geistesgeschichte Europas.

Eigenproduktion

Die Capella Antiqua Bambergensis ist ein über Franken hinaus bekanntes Unternehmen geworden – mit eindeutigem Kulturauftrag. Das zeigt sich nicht nur in den Konzertreihen, sondern auch in akkurat produzierten Alben. Die neueste Scheibe ist „Crana“ – Musik in einer Stadt vor 500 Jahren. In wunderbar eingespielten Stücken präsentiert die Capella ihren Hörern Kostproben europäischer Musiker aus der Zeit zwischen Ende des 15. und Mitte des 17. Jhs.

Den Aufnahmen ist das Bemühen um authentische Arrangements deutlich anzuhören. Technischer; oder gar elektronischer Schnickschnack hat hier nichts verloren. „Crana“ lebt vom echten Atem der Vergangenheit. Diese Qualität zeigt die Capella auch in den anderen Alben, etwa auf „Musik für Kaiser und Könige“. Die 17 Stücke (vom 9.-15. Jh.) nahm die Gruppe 2002 auch auf Schloss Wernsdorf auf. Zu finden ist hier u.a. das Palästinalied (Walther von der Vogelweide), eine Estampie von 1398 oder einen frech eingespielten Gassenhauer aus dem Spätmittelalter.

Die Aufmachung der Alben ist solide, die Beihefter glänzen durch historische Details zu den Musikstücken. Bei „CAB Records“ sind die Aufnahmen für rund 15 Euro zu haben.

Live in Concert…

… ist die Capella Antiqua Bambergensis oft zu hören. So auch im Oktober, wenn die fränkischen Musiker an den Hof des englischen Königs Heinrich VIII (1509-1547) entführen. Unter seiner Ägide trennte sich nicht nur die englische Kirche von Rom – der Monarch selbst soll vorzüglich Blockflöte und Orgel gespielt haben. Überhaupt war sein Hof ein Ort der Muse, sagt Thomas Spindler.
Die Musik jener Ära spielt die Capella auf vier Konzerten. Und Geschichten aus dem Leben Heinrichs kommen dabei nicht zu kurz. Zu erleben an den Sonnabenden, 22. und 29. Oktober (ab 18 Uhr), sowie an den Sonntagen, 23. und 30. Oktober (ab 17 Uhr).

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