Saalburg Der Nase nach ins alte Rom

Eingang zur Saalburg. © Michaela Kieckheim

Das Römerkastell Saalburg im Taunus gehört zum Unesco-Welterbe Limes. Und zum Unesco-Welterbetag Anfang Juni präsentierte sich das Museum mit einem Aktionstag. Erstmals drehte sich dort alles um Gladiatoren.

Frisches Brot und antike Musik

Einmal römische Luft schnuppern – vor allem für Kinder bekam dieser Anspruch eine besondere Bedeutung. Denn trotz des martialischen Hauptthemas sorgte das Museum für ein familiengerechtes Programm. Der Duft von frischem Brot durchzog das Kastell. Entsprechend neugierig zeigten sich denn auch die jüngsten Besucher beim Brotbacken in rekonstruierten römischen Backöfen. Viele drängten sich um die Öfen, um sich einen Laib mitnehmen zu können.

Auch die Gladiatorenschule für Kinder war sehr gut besucht. Unter Anleitung von Darstellern nahmen Jungen und Mädchen in Gruppen oder einzeln Unterricht. Dass das Gladiatorenwesen seinerzeit viel mit Musik zu tun hatte, zeigten Künstler in dem Areal, das später die Kampfarena sein sollte. Dort stellten Justus Willberg von der Gruppe Musica Romana eine römische Wasserorgel und Hagen Pätzold das Cornu, ein antikes Signalhorn, vor. Beide Instrumente kamen tatsächlich als musikalische Begleitung bei Gladiatorenspielen zum Einsatz.

Besonders die Wasserorgel fand reges Interesse, da es sich um ein raffiniert konstruiertes Instrument handelt. Willberg spielte auf der Wasserorgel römische Melodien und Pätzold blies auf seinem Cornu. Er ließ die Titelmelodie von „Die Biene Maja“ erklingen, was den Kindern viel Spaß machte. Das Stück war klar zu erkennen, aber es hörte sich doch verfremdet an.

Gladiatoren in Aktion

Es war ursprünglich vorgesehen, dass sich die Gladiatoren der Gruppe „Familia Gladiatoria Pulli Cornicinis“ von Marcus Junkelmann direkt am Kampfplatz niederlassen sollten. In einem eigenen Gladiatorenlager, um ihre Waffen und Ausrüstung zu zeigen und Interessierten Rede und Antwort stehen zu können. Die Darsteller zogen sich jedoch an den Nordturm zurück; dort ließ sich die teure Ausrüstung wohl besser verwahren. Aber auch dort konnten die Besucher ihre Fragen stellen.

Die Gladiatorenkämpfe waren die Höhepunkte des Aktionstags. Junkelmann, Historiker und experimenteller Archäologe, der sich seit Jahren mit der Gladiatur befasst, übernahm zunächst die Rolle eines Priesters. Ganz wie im alten Rom leitete er eine Opferungszeremonie, die den eigentlichen Gladiatorenauftritten vorausging. Dann wurde „Hymne an Nemesis“ auf der Wasserorgel gespielt; eine sehr schöne Melodie.

Bevor der Kampf begann, erklärte Junkelmann, nun in der Rolle des Schiedsrichters, dass die historischen Gladiatoren nicht einfach blutrünstig aufeinander einschlugen. Es gab sehr genaue Regeln. Gekämpft wurde paarweise und Junkelmann stellte die Kämpfer und deren Kleidung sowie Waffen dem Publikum vor. Die Kombattanten traten mit Holzwaffen an, wie es die antiken Gladiatoren in den Vorübungen taten. Bei den Auftritten der „Familia“ gibt es bei den Kämpfen mit Holzwaffen – im Gegensatz zum Gebrauch der gefährlicheren Metallwaffen – nur wenig festgelegte Aktionen.

Es war bereits die dritte Kampfvorführung an diesem Tag. Die Darsteller hatten schon so manche Blessur davongetragen, was davon zeugte, dass es auch Holzwaffen in sich haben. Die Akteure schenkten sich wenig. Es wurde hart gekämpft und der eine oder andere ging auch zu Boden. Der Retiarius warf sein Netz so geschickt, dass sich sein Gegner sogleich verfing und sich nicht befreien konnte. Der schwerbewaffnete Hoplomachus brachte mit seiner Stoßlanze seinen Widersacher ebenfalls zum Fall. Begleitet wurden die Kämpfe von Justus Willberg mit seiner Wasserorgel und Hagen Petzold kommentierte jeden Treffer mit der Tuba musikalisch.

Besucheransturm blieb aus

Insgesamt war es eine sehr schöne Veranstaltung. Gladiatoren und Führungen durch das Kastell waren sicher etwas für die erwachsenen Besucher, während für Kinder noch einiges mehr geboten wurde. Allerdings: Überfüllt war die Saalburg nicht, mehr Publikum hätte es an solch einem Aktionstag durchaus sein können. Vielleicht lag es am Brückentag; den viele Familien für Fahrten an andere Orte nutzten.

Vielleicht aber hätten Verkaufsstände, Handwerkervorführungen oder weitere Living-History-Gruppen noch mehr Zugkraft entwickelt. An solchen zusätzlichen Attraktionen mangelte es. Nach Rückfrage beim Führungs- und Veranstaltungsservice der Saalburg wurde mir mitgeteilt, dass dies leider nicht in der Planung einbezogen werden konnte. „Wir gehören zum Land Hessen, und auch bei uns wird gespart“, hieß es da. Es gebe zwar viele Ideen. Aber dazu fehlten eben die entsprechenden finanziellen Mittel. „Wir bemühen uns aber, mit dem, was uns zur Verfügung steht, ein interessantes und abwechslungsreiches Programm zu gestalten.“ Und dies ist den Verantwortlichen und Mitarbeitern der Saalburg zweifellos gelungen.

Eine kurze Kastellgeschichte

Das Römerkastell Saalburg, knapp acht Kilometer vor Bad Homburg vor der Höhe im Taunus gelegen, ist das einzige vollständig wieder aufgebaute am gesamten Limes. Es ist zugleich auch eines der am besten erforschten römischen Wehranlagen Deutschlands. Das Kastell diente der Bewachung eines Limesabschnitts. Die erste Anlage auf dem Saalburg-Pass, entstand um 83 n. Chr. und war lediglich eine kleine Erdschanze für 80 bis 100 Mann. Im Laufe der Zeit entstand ein Holzkastell, später ein Kohortenkastell mit einer vorgelagerten Siedlung, in der vermutlich bis zu 2000 Menschen gelebt haben.

Um 260 n. Chr. wurde das Kastell aufgegeben und verfiel, wie auch das Lagerdorf. Im weiteren Verlauf der Jahrhunderte diente das Kastell als Steinbruch. Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu den ersten archäologischen Untersuchungen. Das Kastell sowie die Umgebung wurden vollständig ausgegraben.

1897 veranlasste Kaiser Wilhelm II den Wiederaufbau des Kastells, beauftragt wurde der Architekt und Altertumsforscher Louis Jacobi aus Bad Homburg. Auf den antiken Fundamenten des einstigen Römerkastells entstand zwischen 1897 und 1907 die Rekonstruktion des Saalburg-Kastells. Dabei orientierte sich Jacobi an antiken Vorbildern, so dass die Saalburg einen ziemlich genauen Eindruck eines römischen Kastells vermittelt. Im Inneren sind rekonstruierte Gebäude zu sehen, unter anderem die Exerzierhalle und den ehemaligen Getreidespeicher, in dem sich das Museum befindet. Hier werden Funde, die bei den Ausgrabungen der Saalburg gemacht wurden, ausgestellt.

Seit 2005 gehört die Saalburg zum Unesco-Weltkulturerbe. Möchte man Geschichte und Natur verbinden, bietet sich der Rundweg Saalburg mit einer Gehzeit von gut 45 Minuten, an. Am Wegrand stehen Tafeln und geben weitere Auskunft über Denkmäler und Rekonstruktionen im Umfeld der Saalburg.

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3 Kommentare

  1. Schöner Bericht zu einem schönen Tag.
    Und danke für die kurze Erwähnung meiner Kindergladiatorenschule.
    Ich und meine drei Magister waren eigentlich ganz froh das der Ansturm nicht noch grösser wurde, denn so hatte jeder von den fast 250 Kindern, die bei uns mitmachen wollten auch die Möglichkeit dazu.

    18. Juni 2010, 19:06 Uhr • Melden?
    von Olaf Küppers
    1
  2. @Olaf
    Geht es um diese Gladiatorenschule?
    Dann sei auch sie hier gern noch mit verlinkt. Die Akteure wollen wir schon auch möglichst umfänglich benennen.

    Hmpf, ärgerlich ist es, wenn schon die Pressemitteilungen der Veranstalter, hier also Saalburg, nicht eben vollständig sind. Dort steht zum Gladiatorentag nur etwas von der Junkelmann-Truppe. Sie hat eine gute Außenwirkung, das ist auch in Ordnung. Aber etwas detailliertere Infos wünschte ich mir schon, wenn es denn auch eine andere Gladiatorengruppe gab. Kommen Dutzende Gruppen zu einem Event, ist es schwer mit einer Auflistung. Aber so war es ja in der Saalburg nicht.

    18. Juni 2010, 20:06 Uhr • Melden?
    von Marcel Schwarzenberger
    chronico
    2
  3. Hallo,
    ein interessanter Bericht. Ich habe auch die Saalburg im Taunus besucht. Ein tolles Gefühl, auf römischen Spuren den Limes und das Kastell zu entdecken!

    12. September 2010, 23:09 Uhr • Melden?
    von Daniel Schunk
    chronico
    3

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