Reenactor-Preis Setzt sich Mindener Qualitätssiegel durch?

FotoStory
In drei Kategorien wird der vom Künstler Thorsten Held gestaltete Reenactor-Preis Minden vergeben. © Marcel Schwarzenberger

Die dritte Auflage der Mindener Reenactmentmesse läuft gerade. 2013 gibt es zum zweiten Mal den Reenactor-Preis. Ein Preis für historische Qualität? Ob das tatsächlich so ist, zeigt diese FotoStory mit einer Rückschau ins Jahr 2012.

1 Rund 70 Einzeldarsteller und Gruppen – sehr viele namhafte Akteure darunter – waren für den ersten Reenactor-Preis der Stadt Minden im Jahr 2012 nominiert oder hatten sich beworben. Das Gute: Ein Beraterkreis wählte aus und eine Fachjury kürte letztlich in jeder der drei Kategorien „Bester Nachwuchs”, „Beste Gruppe” und „Bester Einzeldarsteller” je einen Preisträger. Drei Juroren sind hier zu sehen (von links): Marcus Junkelmann, Werner Best, Martin Klöffler. © Marcel Schwarzenberger
2 Vor der Verleihung kam die Kunst: Historisierende Musizier- und Aufführungspraxis bietet das französische Ensemble Les Derniers Trouvères. Ein bisschen mehr Musik und Tanz hätte ich mir schon gewünscht. Das künstlerische Rahmenprogramm entwickelte sich immerhin für die Auflage 2013 etwas weiter; unter anderem mit Geschichten und Tänzen der indigenen Bevölkerung Amerikas. © Marcel Schwarzenberger
3 Typisch für die Messe ist die Mischung der Epochen: Willi Fuchs der Samuraigruppe Takeda im Gespräch mit den Mittelalterakteuren von „In der ahte mîn”. Es war der Moment kurz vor der Verleihung. Beide Gruppierungen waren nominiert; Takeda für die Kategorie „Beste Gruppe”, die Mittelalterdarsteller für den Nachwuchspreis. © Marcel Schwarzenberger
4 Jurypräsident Mark Wallis von der englischen Geschichtsagentur Past Pleasures Ltd. Die Auswahl, sagte er, sei eine harte Aufgabe gewesen. In der viel ältere Reenactmentszene Englands gibt es keinen vergleichbaren Preis. „Keine Ahnung, ob die Briten so etwas täten”, sagte Wallis. Einen ähnlichen Ansatz kenne er noch von Ungarn. Auf der Insel gehe es vielen Akteuren um Professionalität; viele Freelancer wie Wallis leben von ihrer Arbeit im Living-History-Bereich. „Wir sehen es mehr als Beruf, weniger als Hobby”, sagte Wallis. Das mag ein großer Unterschied zur deutschen Szene sein, wo Professionelle noch immer von vielen Freizeitakteuren misstrauisch betrachtet werden. Der Reenactor-Preis – und das ist ein Riesenvorteil – macht bei den Nominierungen keinen Unterschied. Wünschenswert, dass dies auch so bleibt. Vorerst läuft das Geschichtsprojekt des Mindener Marketing, in dessen Rahmen sowohl Messe als auch Preis laufen, noch bis 2014. Danach wird man weitersehen.© Marcel Schwarzenberger
5 Kategorie “Beste Nachwuchsgruppe” 2012: Die Gewinner der Gruppe In der ahte mîn nahmen den Preis in Empfang. Völlig zu recht, finde ich. In der Mittelalterszene gibt nach wie vor das Militär den Ton an. Es tut gut, eine Gruppe wie diese mit ihrem vollkommen zivilen Ansatz zu erleben. Bäuerliches Leben um 1280 stellt die Gruppe um Eric Hammann dar. Laudator Werner Best lobte nicht nur Ausrüstung, sondern auch das kompetente und freundliche Auftreten der Gruppe bei Veranstaltungen. „Sie haben die Gabe, Wissen einem breiten Publikum zu vermitteln.” Hammann wandte sich bei seiner Dankesrede auch an vergleichbare Gruppen. Es gebe viele, die hart an ihrer Ausstattung arbeiteten. „Dieser Preis ist auch euer Preis”, sagte er. In ihrer Kategorie setzte sich „In der ahte mîn” unter anderem gegen Eisenbeißer und Schwartenhals sowie Aurea Aetas durch. © Marcel Schwarzenberger
6 Aussteller und Teil des Rahmenprogramms: Die Hamburger Gladiatoren von Ludus Nemesis. Seit Jahren ist das Projekt gut in der Antiken-Szene aufgestellt und arbeitet sich immer weiter in ihre Thematik ein. Auch sie waren und sind in Minden schon mehrfach zu sehen. © Marcel Schwarzenberger
7 Das passt: Römerkenner und Laudator Marcus Junkelmann gratulierte den Darstellern der Legio VIII Augusta in der Kategorie „Beste Gruppe”. Die Gruppe um Alexander Zimmermann erschien in spätantiker Tracht. Sie hatten sich unter anderem gegen die Samurai von Takeda und die ebenfalls sehr engagierte Spätmittelaltertruppe Evocatio Ratisbonensis durchgesetzt. Die Legionäre machten unter anderem mit ihrem Projekt „Generationes” Furore. Das sind Rekonstruktionen von Legionärsausstattungen von der Republik bis in die späte Kaiserzeit. Junkelmann verkündete den Preis mit großer Freude. Die Entwicklung der Legio VIII Augusta habe er von Beginn an verfolgt. Seit den späten 1980er Jahren wachse die Römerszene. „Nicht immer zu ihrem Vorteil”, urteilte der Laudator. Die Legio VIII Augusta mit ihren rund 20 Mitgliedern nimmt sich viele Aspekte vor, ua Militärwesen, Zivilleben oder Medizin und Vermessungswesen. „Das ist kein landläufiges Reenactment, sondern Basisarbeit”, betonte Zimmermann. Sehr schade, dass bisher noch nicht viele Museen das enorme Potenzial erkannt haben, das im Projekt „Generationes” steckt. Schlange stünden die jedenfalls nicht, um die Stücke ausstellen zu können, sagte Zimmermann. © Marcel Schwarzenberger
8 Feder, Filz und Hüte: Viele Händler und Handwerker bieten Zubehör für Darsteller und Geschichtsfans. Das bunte Treiben ist tatsächlich etwas, das sich einfach mal zwei Tage lang genießen lässt. Im Vergleich zu 2011 und 2012 soll auch in diesem Jahr die Zahl der Aussteller wieder wachsen, versicherte Minden Marketing im Vorfeld. Auch Museen sollen verstärkt ausstellen. © Marcel Schwarzenberger
9 Die Messe ist offen für Gewandete und bietet auch dadurch eine bunte Mischung der Kulturen. Was historisch ist, was eher nicht – das muss der Besucher wissen. Oder erfragen. Aber das muss ja kein Makel sein; Kommunikation ist schließlich Sinn und Zweck einer Messe. © Marcel Schwarzenberger
10 Immer gern gesehen, auch wenn es sie in den vergangen beiden Auflagen leider noch zu selten gab: Handwerksvorführungen beleben die einzelnen Abteilungen der Reenactmentmesse ungemein. © Marcel Schwarzenberger
11 Die Bamberger Maßschneiderin Christiana von Roit (Mitte) fertigt in ihrem Atelier für Damen und Herren. Kleidung aus verschiedenen Epochen ist ein wichtiger Schwerpunkt in Minden. Das Schöne bei vielen Ausstellern: Sie bieten Vielfalt und sind selbst auch in mehreren Zeitperioden oder diversen Künsten aktiv. Von Roit etwa ist auch als Tanzmeisterin unterwegs und präsentiert historische Tänze. © Marcel Schwarzenberger
12 Chad Zeman von Bohemia Beauty aus Manchester inmitten seiner zerbrechlichen Schätze aus böhmischem Glas. Vom späten Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert reicht die Palette. © Marcel Schwarzenberger
13 Jörg Nadler ist seit vielen Jahren in der Living History unterwegs. Der Berufsfischer – er ist vor allem auf der Schlei bei seiner Heimatstadt Schleswig unterwegs – macht seinen Job zum Darstellungsgegenstand. Von der Steinzeit bis in die Neuzeit hat er historisches Equipment selbst rekonstruiert und führt das vor. In Minden brachte ihm das 2012 den Reenactor-Preis in der Kategorie „Einzeldarsteller” ein. Das geht absolut in Ordnung, finde ich. Stark war auch in seiner Kategorie die Konkurrenz, unter anderem mit Dietrich Pott (Spätmittelalter und zunehmend auch 20. Jahrhundert) sowie dem Soester Münzmacher und Schmied Dirk Hülsemann. Dennoch: „Die Zustimmung der Jury für Jörg Nadler fiel sehr eindeutig aus”, berichtete Laudator Martin Klöffler. Nadler habe eine „beeindruckende Sammlung zusammengetragen”. © Marcel Schwarzenberger
14 Kein trockenes Handwerk: Diese Damen stießen auf einen guten Messetag für ihre Schuhwaren und Accessoires an. Dies war der Stand der Manufaktur NP historical shoes aus dem englischen Derby im Jahr 2012. Herz der Manufaktur ist der Werkstattbetrieb mit Modellen aus dem 15. Jahrhundert. Aber die Inhaber Katarina und Juraj wandern mit ihrer Fußbekleidung praktisch durch die Jahrhunderte. © Marcel Schwarzenberger
15 Auch die Düsseldorfer Gruppe Takeda hatte sich 2012 um den Reenactor-Preis beworben. Gut möglich, dass es in einem zweiten Anlauf bei der diesjährigen Auflage klappt – Takeda ist immerhin auch wieder im Rahmenprogramm der Mindener Reenactmentmesse 2013 dabei. Unser Bild zeigt den „Showroom” der Gruppe mit ihren detailgetreu nachgebildeten Rüstungen von japanischen Kriegern des 16. Jahrhunderts. © Marcel Schwarzenberger
16 Krieger zweier Welten: Im fernen Osten waren die Samurai (rechts, von Takeda) die militärische Elite; mehr als 1000 Jahre zuvor waren es Legionäre. Das Bild zeigt wieder Mitglieder der Legio VIII Augusta in spätantiker Kleidung. © Marcel Schwarzenberger
17 Die Kunst, das Schwert zu ziehen: Für Samurai war das keineswegs allein eine Frage des Stils. Die Akteure von Takeda machen aus diesem Detail einen ganzen Programmpunkt auf der Reenactmentmesse in Minden in 2013. Wie detailversessen die Düsseldorfer arbeiten, zeigten sie schon mehrfach in Minden – so auch bei den Mindener Zeitinseln (ganz unten in der FotoStory). © Marcel Schwarzenberger

1 Kommentare

  1. Update: Soeben noch in einem extra Kasten die aktuellen Preisträger dieses Jahres nachgetragen. Siehe oben in der Box. Merci an die Kollegen von Afaktor, die soeben bei FB den Stand gemeldet haben (ich selbst war dieses Jahr mal nicht vor Ort). Ich finde, die gewürdigten Akteure haben das verdient. Einen kleinen Kommentar konnte ich mir dennoch nicht verkneifen – ebenfalls siehe Box.

    06. Oktober 2013, 00:10 Uhr • Melden?
    von Marcel Schwarzenberger
    chronico
    1

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