Varusjahr 2009 Inszenierung einer Schlacht

FotoStory
Kalkriese 2009: Auslage eines Bronzehändlers im Römerlager. © Marcel Schwarzenberger

2000 Jahre Varusschlacht: Für hunderte Darsteller war dieser Jahrestag ein Riesenereignis im Archäologiepark Kalkriese. chronico hat den Event begleitet und war auch bei den Vorbereitungen der Germandendarsteller dabei. Eine Bildreise.

1 Im Freilichtmuseum Oerlinghausen hat der Germanenverbund Comitatus zu einer Art Trainingslager eingeladen. Im März 2009 versammeln sich dort Darsteller, die beim Reenactment in Kalkriese die Truppen des germanischen Heerführer Arminius repräsentieren werden. Der Archäologe und Darsteller Robert Brosch, alias “Ghandi” (vorn im Bild) stimmt die Kombattanten ein. © Marcel Schwarzenberger
2 Maik Elliger (Mitte) vom eigens für das Reenactment gegründeten Hermunduren-Aufgebot aus Thüringen lässt seine Ausrüstung von “Ghandi” prüfen. Den Check müssen alle Akteure über sich ergehen lassen. Es geht um stimmige Details zur Ausstattung und um Fragen der Sicherheit. Wenn später im “Gefecht” die Kombattanten aufeinandertreffen soll schließlich jede Unfallgefahr möglichst vermieden werden. © Marcel Schwarzenberger
3 Oerlinghausen ist nicht von ungefähr zum germanischen Trainingslager erkoren worden. Der Archäologiepark bietet unter anderem typische, rekonstruierte Gebäude auf. Sie sorgen für die richtige Atmosphäre. Das Freilichtmuseum ist zudem seit Jahren Treffpunkt für Living-History-Akteure mit eisenzeitlicher oder frühmittelalterlicher Zeitstellung. © Marcel Schwarzenberger
4 Der hannoversche Grafikdesigner Werner Pollak (vorn rechts) ist ein erfahrener Reenactor und gehört unter anderem der Cohors Prima Germanorum an. Die Gruppe stellt eine germanische Auxiliareinheit dar und wird beim Varus-Reenactment noch eine spezielle Rolle zu spielen haben. Hier ist Pollak aber als Germane bei der Organisation dabei. © Marcel Schwarzenberger
5 Antritt der Germanen zu einer Art Parade. Die unterschiedliche Ausrüstung – etwa bemalte Schilde gegenüber geflochtene Varianten – spiegelt die auch historische Uneinheitlichkeit der Verbündeten des Arminius wider. Stichwort Sicherheit: Manche Lanze ist repräsentativ, also mit einer Eisenspitze versehen. Im Reenactment später kommen ausnahmslos einfache Stöcke mit Spitzen aus Kunststoff oder Leder zum Einsatz. Auch die “Römer” werden keine eisernen Schwerter auf den Kampfplatz in Kalkriese mitbringen. © Marcel Schwarzenberger
6 Detailansicht von zwei etwas prächtiger ausgeführten Germanenschilden beim Trainingslager in Oerlinghausen. © Marcel Schwarzenberger
7 Auch ein Kamerateam war in Oerlinghausen dabei. Das eigentliche Reenactment in Kalkriese wird zum regelrechten Medienereignis. Für multimediale Erlebnisse sorgte auch die Orga selbst. Tontechniker waren im Trainingslager. Lautes Gebrüll in unterschiedlichen Lautstärken nahmen sie auf. Die Akteure lieferten damit Tonmaterial, das in Soundeffekte für die Spielszenen in Kalkriese eingearbeitet wurde. Die Klänge wurden unter anderem mit Musikstücken der Gruppe Musica Romana vervollständigt. © Marcel Schwarzenberger
8 Jubeln auf Probe. Natürlich steht der Ausgang des Reenactments schon vorher fest; die Römer verlieren den Kampf. Aber jedes Detail soll sitzen, wenn später vor großem Publikum die Atmosphäre stimmen soll. © Marcel Schwarzenberger
9 Michael Kirchschlager (vorn links) und daneben Maik Elliger vom Thüringer Hermunduren-Aufgebot beim Marsch zum Gefechtstraining in Oerlinghausen. © Marcel Schwarzenberger
10 In langer Reihe ziehen die Germanendarsteller in ein Waldstück neben dem Freilichtmuseum Oerlinghausen. © Marcel Schwarzenberger
11 Gefechtstraining: Stumpfe Spitzen sitzen auf den Speeren der Germanen. Die Schäfte bestehen aus leichtem Holz – safety first! Später werden viele Germanendarsteller ihre Waffen vom Wall aus auf die Römer werfen. © Marcel Schwarzenberger
12 Aufbruch aus Oerlinghausen. Gut zwei Jahre lang haben sich Germanen und Römer auf das Reenactment von 2009 vorbereitet. Aus mehreren Nationen haben sich Akteure angekündigt, um die Ereignisse des Jahres 9 n.Chr. neu zu inszenieren. © Marcel Schwarzenberger
13 Kalkriese im Juni 2009. Die Akteure haben sich im Museumspark Kalkriese versammelt. Dort wird Schlachtfeldarchäologie betrieben – auf dem mutmaßlichen Schauplatz der mörderischen Begegnung zwischen den drei Legionen des Varus und den verbündeten Stämmen der Germanen. © Marcel Schwarzenberger
14 Die unterschiedlichen Lager der Teilnehmer spiegeln gut die unterschiedlichen Lebenswelten wider, in denen sich Germanen und Römer vor 2000 Jahren bewegten. Kleidung und Auftritt römischer Frauen etwa zeigte eine den Germanen zunächst fremde Kultur. Im Bild eine Reiterin der Gruppe Timetrotter in der zivilen Kleidung einer römischen Frau. © Marcel Schwarzenberger
15 Im römischen Feldlager zu Kalkriese: Die Stierfigur zählt zu den Feldzeichen der Legionen. Hier ist er Bestandteil der Ausrüstung der Schweizer Gruppe Legio XI Claudia Pia Fidelis. © Marcel Schwarzenberger
16 Ein Legionär der Schweizer Legio XI Claudia Pia Fidelis im Gespräch mit dem Publikum. Zwei Tage lang wandeln die Besucher auf den Spuren der Geschichte durch das weitläufige Lager der Römer und Germanen. Militärische Auftritte wechseln sich mit zivilen Darstellungen ab. Es wird gekocht, gehandelt und es gibt Handwerkskunst zu sehen. Mit etwas Phantasie ist es dann tatsächlich wie in einem Marschlager der historischen Legionen. © Marcel Schwarzenberger
17 Im Germanenlager zu Kalkriese kümmert sich der Schmied Sven Liebetrau um sein Feuer. Diese Handwerk übt der Thüringer seit Jahren auch im Verbund Foederati Fabricae aus. © Marcel Schwarzenberger
18 Die selbe Feuerstelle: Ein Akteur heizt mit Handblasebälgen an. Traditionelles Handwerk und historische Verfahrensweisen sind auf vielen Living-History-Veranstaltungen wichtig. Häufig genug bekommt der militärische Aspekt eine übergroße Rolle zugewiesen. Im Falle der Varusschlacht sicher zu Recht. Gleichwohl gehören auch in Kalkriese die zivilen Aspekte zu den besonders reizvollen Augenblicken. © Marcel Schwarzenberger
19 Handwerker wie Florian Peteranderl sind oft in vielen Zeiten “zu Hause”. Hier mimt er den germanischen Beinschnitzer. Über die Jahre hinweg hat er sich aber auch frühmittelalterliche Techniken und Ausstattungen angeeignet. Das Know-how von vielseitigen Handwerkern kommt oft auch anderen Mitgliedern einer Gruppe zugute. “Du baust mir das; ich fertige dir jenes” – so unterstützen sich Akteure häufig. Überschüssiges oder Auftragsarbeiten werden auch auf dem längst etablierten Ausrüstungsmarkt der Szene verkauft. © Marcel Schwarzenberger
20 Geschichte bewegt: Tausende Zuschauer lassen sich das Reenactment in Kalkriese nicht entgehen. Weil jeder Inszenierung auch ein Stück Interpretation innewohnt, legen es gute Veranstalter auch auf Klarheit an. Moderatoren erläutern dem Publikum das Geschehen und machen auf Wissenslücken oder Experimente aufmerksam. In Kalkriese übernehmen die Archäologin Ulrike Hindersmann und der Militärhistoriker Markus Junkelmann die Moderation. © Marcel Schwarzenberger
21 Das Reenactment beginnt. Ein germanischer Krieger mit einem Horn und dem Ruf zum Kampf. Auch das ist freilich freie Interpretation des Geschehens. Die folgenden Szenen sind zum Großteil choreografiert, um Überlieferungen zeitgenössischer Geschichtsschreiber sowie den Ergebnissen moderner Rekonstruktionen des Geschehens gerecht zu werden. © Marcel Schwarzenberger
2 Die römische Antwort auf Hornstöße sind die Cornicen der Legionen. Neben den Standarten dienten die durchdringenden Töne dieser riesigen Blasinstrumente als Orientierung für die Soldaten im Gefecht. Den Sound zur Schlachtdarstellung in Kalkriese bestimmten mehrere Faktoren: Die Live-Geräusche auf dem Schauplatz, die Hintergrundgeräusche aus den Lautsprechern und Cornu-Melodien des Cornicen Hagen Pätzold. © Marcel Schwarzenberger
23 Die römischen Legionen erscheinen auf dem Feld. Über mehrere Tage dauerte seinerzeit die Schlacht zwischen Varus und Arminius sowie deren Truppen. Den exakten Hergang kennt niemand, aber es gibt durchaus vereinzelt Zeitzeugenaussagen. Gewiss ist, dass die Legionen in einer langgestreckten Formation durch Wald marschierten. Dies machten sich die Germanen zunutze. © Marcel Schwarzenberger
24 Nicht nur in Germanien waren Hilfstruppen – die Auxiliare – ein wichtiger Bestandteil der römischen Besatzungstruppen. Häufig kämpften sie mit klassischen Ausrüstungsstücken römischer Legionäre, vermischt mit eigenen, traditionellen Waffen. Die germanischen Auxiliare trugen etwa andere Schildformen als die Legionäre. Aus Sicht des Statthalters Varus spielten seine Hilfstruppen eine unrühmliche Rolle. Sie schlugen sich auf die Seite der rebellischen Germanen; unter Führung des Auxiliar-Offiziers Arminius. In Kalkriese stellten die Mitglieder der Cohors Prima Germanorum die Überläufer dar. © Marcel Schwarzenberger
25 Die Falle schnappt zu. Die Germanen trieben die Legionen in eine vorbereitete Stelle, wo die Aufständischen einen langen Wall errichtet hatten. Von ihm herab werden mörderische Angriffe auf die Besatzer geführt. In Kalkriese haben die Archäologen tatsächlich Reste eines Walles gefunden. © Marcel Schwarzenberger
26 Eine Szene an der Wallanlage. Auch in dieser, eigens für das Reenactment errichten Verteidigungslinie ist deutlich der Vorteil für die Germanen zu erkennen. © Marcel Schwarzenberger
27 Die Ereignisse nähern sich ihrem tragischen Höhepunkt. Den Legionären gelingt es nicht, die Wende in diesem Gefecht herbeizuführen. Trotz ihrer technischen Überlegenheit scheitern am Ende drei Legionen. © Marcel Schwarzenberger
28 Der Wall erweist sich als unüberwindlich. Nur wenige Soldaten entkommen dem Gemetzel, darunter viele Reiter, die früh die Flucht ergriffen haben. So zumindest die Überlieferung. © Marcel Schwarzenberger
29 Ein friedliches und unhistorisches Schlussbild: Alle teilnehmenden Gruppen, egal von welcher “Seite”, reichen sich nach Abschluss der Spielszenen die Hand. Gegenseitiger Glückwunsch für eine tolle Veranstaltung und eine symbolische Geste für Völkerverständigung zugleich. © Marcel Schwarzenberger

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