Codex Die Geburt des Buches

Das Wort hat mehrere Bedeutungen. Zum einen bezeichnet ein Codex (Kodex) eine Sammlung von Gesetzestexten. Kodex meint auch die Gesamtheit der Regeln einer Gemeinschaft – zum Beispiel der Ehrenkodex der Ritter. Uns geht es hier um den Codex als Frühform des Buches.

Der Codex ist bereits für das 1. Jh. belegt (Homer- und Vergiltexte). Deutlicher wurde diese Wandlung seit dem 4. Jh. Durch seine wesentlich praktischere Handhabung verdrängte das Buch nach und nach die Schriftrollen. Es bot mehr Platz, das Blättern erleichterte das Wiederfinden bestimmter Stellen. Schon die ersten Codices haben die bis heute vertraute Form des Buches: Seiten, die der Leser umblättern muss, ein fester Einband, der den Inhalt schützt. Beides sind praktische Neuerungen gegenüber der Schriftrolle mit ihrer „Endlos“-Bahn. Für den Beginn dieser Entwicklung stehen die Funde der berühmten 13 koptischen Papyruscodices im ägyptischen Nag Hammadi von 1945/46. Diese Bücher waren in Ziegen- und Schafleder eingeschlagen, das mit einer Art Karton aus mehreren Papyrusschichten versteift war.

Die früheste Version der Bogen – bei dem mehrere Lagen einfach in der Mitte gefaltet, übereinander gelegt, und dieser Packen am Falz vernäht wurde, was sehr anfällige Codices ergab – wurde bald durch die bis heute bewährte Form ersetzt. Einzelne Bogen werden dabei gefalzt und mit wenigen Lagen übereinander gelegt. Diese Lagen werden separat geheftet und am Buchrücken miteinander verbunden. So war eine wesentlich größere Stabilität gegeben. Die Formate waren variabel – je nach gewollter Prachtentfaltung. Für das 2. und 3. Jh. sind vor allem Hochformate belegt, die ab dem 4. Jh. den mehr quadratischen Formen wichen. Papyrus, Pergament und später Papier waren die üblichen Materialien, die Einbände bestanden meist aus Leder. Das Pergament löste recht schnell den Papyrus ab, da er sich leichter falzen und beschreiben ließ. Die (bis zur Einführung des Buchdrucks im 15. Jh.) handbeschriebenen Seiten waren in der Regel in zwei Kolumnen aufgeteilt.

Die Einbandkunst entwickelte sich zu einem vielfältigen Genre. Oft griffen die Künstler auf antike Muster zurück, doch gerade die Mönchsschreiber wiesen diese Kunstformen zurück. Statt dessen rückte das Kreuz als gestalterisches Mittel in den Blickpunkt – etwa beim Evangeliar der Langobardenkönigin Theodolinde aus dem 7. Jh. oder dem Codex Aureus aus St. Emmeram (um 870). Bezeichnend für die Prachtentfaltung ist der elfenbeinerne Deckel eines Einbands für ein verloren gegangenes Sakramentbuch, das um 875 im frankosächsichen Raum entstand. Die Schnitzerei zeigt Papst Gregor den Großen (540-604), der ein solches Sakrament niederschreibt, eine Taube sitzt als Sinnbild des Heiligen Geistes auf seiner Schulter (siehe Bild).

Neben diesen reich verzierten Einbänden gab es auch etwas für den einfachen Geschmack: Einbände aus kräftigen Holzdeckeln (Buchenholz), die mit einfachem Rinds- oder Kalbsleder bezogen wurden.

Literatur: Marion Janzin, Joachim Güntner; Das Buch vom Buch – 5000 Jahre Buchgeschichte; Schlütersche Verlagsanstalt; Hannover; 1995;
Johannes Irmscher (Hrsg.); Lexikon der Antike; Weltbild Verlag; Augsburg; 1990

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