Hildesheim Markt verprellt die Besucher

Rauchschwaden zogen über Lagerfeuer, bunte Ritterzelte glänzten in der Sonne und das Klirren der Schwertkämpfer klang über das Feld. Kinder bekamen vor dem Zelt des Geschichtenerzählers glänzende Augen. Dazu mittelalterliche Musik, Fakire und eine wilde Reiterhorde, die draufgängerisch ihre Künste ihrer Pferde vorführten - so präsentierte sich der Hildesheimer Rittermarkt am vergangenen Wochenende dem wohlwollenden Auge. Doch Narren und Herolde bekamen viel zu tun, um das Publikum durch Animation aufzulockern. Eine Glanzveranstaltung war der Markt nicht.

Natürlich wurde dem Besucher nicht nur die Darstellung des Mittelalters geboten – auch wenn diese von einzelnen Gruppen sehr liebevoll vorgeführt wurde -, auch Händler und Handwerker boten ihre Ware feil. Gut war, dass es nicht nur kommerzielle Ware zu kaufen gab, sondern auch handgemachte Tonwaren, Gewandungen und Schuhwerk.
Immerhin waren die Händlerstraßen malerisch umgeben von Heerlagern wie die “Tanneberger”, “Domini Draconis” und “Die schlechte Saat”. Die Darsteller der Reitergruppe “Mandschur Tengri” hatten ebenfalls ihren Standort direkt am Turnierplatz, am Rande des “Marktes”. Und die Musiker von “Dectera lugh” taten das ihre, um die Atmosphäre zu retten.

Preise schlagen Kapriolen

Ein Problem dieses Marktes: Was immer es an schönen Details zu sehen gab, verlor durch den Eintrittspreis seinen Reiz. Ungeachtet des umfangreichen Programms fingen die Besucher bereits am Eingang an zu raunen. 14 Euro Eintritt pro Person war für viele einfach unverständlich.
Selbst Besucher, die am späten Nachmittag kamen, hatten noch den vollen Preis zu zahlen. Dennoch ließen sich viele Familien dennoch auf den Eintrittspreis ein. Allerdings gab es für sie einen speziellen Tarif.
Keine Ermäßigung gab es für voll gewandeten Besucher. Auch nicht für die, die nicht den offensichtlichen Griff in die “Faschingskiste” getan hatten. Sehr zum Ärger der Betroffenen – jedoch liegt die Entscheidung dafür allein beim Veranstalter Olaf Schulz (OS Veranstaltungen Alfeld).
Händler und Darsteller versuchten eine Erklärung des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu finden. Der Preis sei mit der Vielzahl der Darstellungen und der damit verbundenen Gagen zu erklären, vermuteten sie.
Manchem Gast dürfte es damit ohnehin noch schwerer gefallen sein, sich für die präsentierten Waren zu interessieren. Für einige Anbieter stand fest, dass der nächste Markt in Hildesheim für sie die Reise nicht lohnt und sie auf eine weitere Teilnahme unter gleich bleibenden Bedingungen absehen werden.

Verkorkste Ortswahl

Ein weiterer Wermutstropfen war der Ort des Geschehens. Der Markt wurde, wie bereits zwei Jahre zuvor, auf dem Flugplatzgelände Im vergangenen Jahr traf man sich am Hildesheimer Honsen-See. Viele Teilnehmer vermissten die Atmosphäre und die bessere Verteilung des Marktes, die sich am See ergab. ANgeblich war es ein Wunsch vieler Teilnehmer, wieder zum Flughafen zurückzukehren, teilte Schulz auf seiner Webseite mit.
Doch es fehlte nicht nur die richtige Atmosphäre am Feld, sie wurde auch gestört. Natürlich stellte der Flugplatz seinen Betrieb nicht einfach ein. Und so konnte das Publikum während des Turniers nicht nur Ross und Reiter beobachten, sondern exakt dahinter auch gleich die Startkünste von modernen Drachenfliegern und Doppeldeckern. Mit einiger Mühe konnte der Herold mit einem gewissen Witz das Geschehen herunterspielen. Aber schön war das nicht.

Fazit

So bleibt als Fazit nur zu sagen, dass es zwar ein wohlgemeintes Rahmenprogramm gab, welches von den Künstlern auch mit Leben erfüllt wurde. Dennoch war das Publikum nicht lange auf dem Platz zu halten und der Preis hat viele schon von vornherein abgeschreckt. Da bieten andere Veranstaltungen für weniger Geld ein mindestens ebenbürtiges Programm.
Für einen kommerziellen Markt war Hildesheim zu teuer – und für einen Markt, der das Mittelalter vorführen will, gab es eindeutig zu viel Kommerz! Das macht nicht gerade Lust auf das nächste Mal.

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